Schloss Nymphenburg in München ist eines der großen Königsschlösser in Europa. Das Schloss wurde von den Wittelsbachern als Sommerresidenz genutzt. Seit 1999 begleitet das Büro Bergmann die verschiedenen Maßnahmen zur Instandsetzung des Schlosses im Bereich der Tragwerksplanung.
Schloss Nymphenburg in München
Schloss Nymphenburg in München ist eines der großen Königsschlösser in Europa. Das Schloss wurde von den Wittelsbachern als Sommerresidenz genutzt. Seit 1999 begleitet das Büro Bergmann die verschiedenen Maßnahmen zur Instandsetzung des Schlosses im Bereich der Tragwerksplanung.
Der Mitteltrakt wurde ab 1664 durch Agostino Barelli erbaut und war 1675 fertig gestellt worden. Er erscheint im Stil eines italienischen Landhauses als fünfgeschossiger Kubus mit beidseitig doppelläufigen Freitreppen.
Schloss Nymphenburg erfuhr viele Erweiterungen und Umgestaltungen: Max Emanuel ließ 1702 bis 1704 von Enrico Zuccalli und Giovanni Antonio Viscardi die beiden Galerien neben dem Hauptschloss und die daran sich anschließenden zwei nördlichen und zwei südlichen Pavillons erbauen. Im zweiten nördlichen Pavillon befindet sich die Schlosskapelle, 1713 von Viscardi errichtet. Die Fassaden des Hauptbaus wurden im Jahr 1716 durch Joseph Effner nach französischem Vorbild abgeändert. Unter Kurfürst Karl Albrecht wurden die beiden äußeren Gebäude, die Orangerie im Norden und der Marstall im Süden gebaut, die Verbindungsflügel zu den Pavillons erhielten.
Das Büro Bergmann wurde 1999 eingeschaltet, um die Schäden im aufgehenden Mauerwerk und in den Dachwerken des Hubertussaales umfassend zu analysieren und Maßnahmen vorzuschlagen, die eine dauerhafte Stabilisierung der Bausubstanz gewährleisten. Die komplexen statischen Untersuchungen umfasste auch die Analyse der seit der Bauzeit anhaltenden Bauwerksbewegungen und die infolge immer wiederkehrenden Reparaturen.
Beteiligte:
- Bauherr: Freistaat Bayern, vertreten durch die Bayerische Schlösser-
und Seenverwaltung - Projektsteuerung: Staatliches Bauamt München
- Objektplanung Hubertussaal: Architekturbüro Egon Kunz, Neusäß
- Objektplanung Pagodenburg: Architekten Fuchs und Rudolph
- Objektplanung Besucherzentrum: Architekten BDA Claus + Forster,
München - Objektplanung Marstalltrakt: SRW Plan Architekten, München
- Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
Das Büro Bergmann übernahm die Tragwerksplanung zu folgenden Maßnahmen:
- Instandsetzung des Hubertussaals (2001 – 2002)
- Instandsetzung der Pagodenburg (2003 – 2004)
Instandsetzung Holztragwerke (Befall durch den Echten Hausschwamm) - Einbau eines Besucherzentrums im Erdgeschoß des Mittelbaus
(2005 – 2008)
Einbau eines Aufzugs
Abfangung tragendes Mauerwerk
Instandsetzung äußere Treppenanlage - Um- und Ausbau von Räumen im Marstalltrakt für die Werkstätten des
Restaurierungszentrums (2009 – 2012)
Instandsetzung Geschoßdecken
Stabilisierung aufgehendes Mauerwerk und Gewölbe
Der Hubertussaal von Schloss Nymphenburg
Der Hubertussaal von Schloss Nymphenburg in München wurde 1753 bis 1759 durch Jann Baptist Gunetzrhainer erbaut. Der zweigeschossige Flügelbau beherbergte im Erdgeschoss des westlichen Teils eine Orangerie, darüber einen Theater- und Festsaal. Dieser hatte eine Länge von etwa 33 m bei einer Breite von fast 11 m. Um eine lichte Höhe von etwa 6,50 m zu erreichen, verzichtete der Baumeister auf ein konventionelles Kehlbalkendach und konstruierte stattdessen verschränkte Binder mit einem hoch liegenden Zerrbalken. Die Orangerie war unterschiedlich tief gegründet. Der Baugrund kann als setzungsempfindlich eingestuft werden.
Die nördliche Saalwand musste bereits kurz nach der Errichtung des Bauwerks nachgebessert werden. Ein paar Jahre später spricht man bereits von umfangreichen Sicherungsarbeiten. Die Archivalien berichten auch in späterer Zeit immer wieder von Schäden im Hubertussaal. Die heute noch im Dachwerk vorhandenen Verstärkungen der Binder-Sparren mit verzahnten Beilaschungen dürften aus barocker Zeit stammen. Die zusätzlichen Stahl-Spannanker wurden wohl Anfang des 20. Jahrhunderts eingebaut. Doch alle zusätzlichen Verstärkungen konnten weitere Verformungen der Nordwand nicht verhindern. Einzig eine Notsicherung mit einem außenliegenden Abstützungsgerüst zeigte Erfolg. Doch dies sollte ein Provisorium sein, von dem sich der Bauherr gerne wieder verabschiedet hätte.
Zu Beginn der Instandsetzung in den Jahren 2000 bis 2005 hatte die Nordwand eine Verkippung aus der Vertikalen bis zu 24 cm.
Nach Freilegung der Deckenuntersicht zeigte sich das ganze Spektrum der Zerrüttungen. Viele Putze waren mit großen Rissen durchzogen, insbesondere an den Stoßstellen der Putzträger (Brettschalung mit aufgenagelten gespalteten Haselnussruten). Das Gesims drohte abzustürzen.
Eine statische Analyse zum Verformungsverhalten des Dachwerks mit seiner daran befestigten Flachdecke und dem aufgehenden Mauerwerk zeigt sehr deutlich, dass bei nachgiebigem Untergrund das Dachwerk nicht in der Lage war, die Mauerkrone zu halten. Die durch das Gewicht des Dachs über Reibung erzeugte Rückankerungskraft war viel zu gering, um das kippende Mauerwerk rückzuankern. Wäre die Reibungskraft größer gewesen, hätte das Dachwerk versagt.
Das zur Ausführung freigegebene Konzept sah eine massive Versteifung des Dachwerks vor. Hierzu wurden zunächst alle geschädigten Balken erneuert oder verstärkt. Danach wurden entlang der Traufen und der Querwände Stahlbetonringanker eingebaut. Die eigentliche Verstärkung der Dachkonstruktion erfolgte durch zusätzliche Sperrholzplatten auf der Sparrenlage mit form- und kraftschlüssigen Verbindungen untereinander und zum aufgehenden Mauerwerk. Es entstand ein Faltwerk.
Sechs Jahre nach dem massiven Eingriff in die Lastabtragung zeigte die Raumschale erwartungsgemäß wieder kleine Risse. Mit Öffnungsweiten von wenigen Zehntel Millimetern sind diese aber weder für den Putz noch für den Stuck relevant. Der Raum wird heute wieder als Festsaal für Konzerte, Vorträge und sonstige Feierlichkeiten genutzt.