Die Wülzburg bei Weißenburg

Als eine der besterhaltenen Festungen der Renaissance in Deutschland schien die Wülzburg ihre Wehrhaftigkeit zu verlieren. Doch seit 1968 setzt die Stadt Weißenburg große Anstrengungen daran, dieses Nationale Denkmal zu erhalten.

Selbst die Wehrhaftigkeit bricht, wenn man die Wunden nicht heilt

Die Wülzburg umfasst eine Grundfläche von 73.000 qm. Mit einem Druchmesser von rund 400 m beschreibt die Gesamtanlage die Form eines ungleichmäßigen, nach Osten verzogenen Fünfecks. Erbaut wurde sie unter dem Markgrafen Georg Friedrich d. Ä. ab dem Jahr 1588 bis etwa 1611. Mehrere Baumeister prägten ihr Bild: Begonnen von dem Ansbacher Hofbaumeister Blasius Berwart d. Ä., fortgesetzt von dem Militärbaumeister Rochus Guerini Graf von Lynar und letztlich vollendet von Caspar Schwabe, Berwart d. J. und Albrecht von Haberland.

Das Baumaterial für die fünf Bastionen und ihre Kurtinen wurde direkt vor Ort, aus dem Fels der mit 630 müNN weit über das Umland ragenden Bergkuppe der südlichen Frankenalb gehauen. Auf diese Weise entstand der bis zu 29 m breite, umlaufende Trockengraben. Weit schwieriger dürfte dagegen die Beschaffung der Erdschüttungen auf den Wällen gewesen sein.

Mit dem so gewonnenen Jurakalkstein wurden die mehrere Meter mächtigen Wallmauern mit bis zu 20 m Höhe und die Gewölbe im Inneren gemauert. Die steinsichtigen Wände der Bastionen und Kurtinen sind dabei mehrschalig ausgebildet. Der Wandkern besteht aus Füllmauerwerk ohne Verband, lediglich gebunden durch sandigen Kalkmörtel. Die Qualität der Außenschalen reicht vom hammerrechten Schichtenmauerwerk bis zum akkuraten Quadermauerwerk.

Doch mit der Errichtung setzte auch ein unaufhaltsamer Schadensprozess ein: Es ist das Wasser. Es dringt in Fugen und Klüfte. Es wäscht die Bindemittel der Mörtel aus. Bei Frost lässt es die Steine splittern. Ein steter Material- und Festigkeitsverlust ist die Folge.

Was passiert dabei in einer Wand? Mit dem Auswaschen des Kalks bleibt allein der Zuschlag des Mörtels im Mauerwerk zurück. Der Kalk bildet Stalaktiten an den tropfenden Gewölben der Kasematten und verwandelt die Bastionen in regelrechte Zauberwelten. Doch damit fehlt der „Klebstoff“ des Mauerwerks. Der Sand allein kann die Steine nicht binden. Die Füllung des Wandkerns beginnt gegen die Außenschale zu schieben. Diese ist mit etwa 40 cm viel zu dünn für den angreifenden Druck und beginnt auszubauchen. Durch die Krümmung öffnen sich weitere Fugen. Noch mehr Wasser kann eindringen. Die Steine der Außenschale liegen nicht mehr übereinander und stürzen letztlich ein. Zurück bleibt ein klaffendes Loch.

Die Auswirkungen auf das Gesamtbauwerk sind fatal. Mit den reduzierten Wallmauern schwindet das Widerlager für die mächtigen Gewölbe. Die Gewölbeauflager verschieben sich. Wieder öffnen sich Fugen und Steine lösen sich heraus. Ab einem gewissen Schadens- und Verformungsgrad kann sich kein Druckbogen mehr im Gewölbe ausbilden. Es stürzt ein. Ein progressiv zunehmendes Gesamtschadensbild zeigt sich.

Der Verfall musste wohl schon um 1800 beträchtlich gewesen sein. Mit der Übernahme durch das Königreich Bayern setzte Anfang des 19. Jahrhunderts eine rege Sanierungstätigkeit der Festungsbauwerke ein. Zahlreiche Wappensteine und Jahrestafeln, aber auch Unterschiede im Steinformat und Art des Mauerwerkverbandes zeugen noch heute davon. Doch dann wurde die Festung 1866 aufgelassen. Erst 100 Jahre später, seit 1968 werden wieder Instandsetzungsarbeiten an der Wülzburg durchgeführt. Da hatte sie allerdings bereits einen stark ruinösen Charakter angenommen.

Nachdem bis vor wenigen Jahren die Notsicherungen und Rekonstruktionen der Bastionen und Kurtinen im Mittelpunkt standen, ist man nun erstmals wieder in der Lage, Einstürzen zuvor zu kommen. Neben der Ertüchtigung des Mauerwerks hat dabei auch die Ableitung des Oberflächenwassers eine wesentliche Bedeutung.

Die Ausbauchungen des Mauerwerks werden mit Edelstahl-Gewindestangen bis in den festen Mauerwerkskern zurückgeankert. Fehlende Bindemittel werden nachgepresst und Hohlräume mit Mörtel verfüllt. Einen großen Umfang nimmt aber mittlerweile der Austausch der durch Frost geschädigten Steine ein. Wobei nur die tatsächlich zerstörten Steine ersetzt werden und so das Gesamtbild erhalten bleibt.

Um das Eindringen des Regenwassers zu verringern, werden Abschnitt für Abschnitt die Fugen des Mauerwerks mit Mörtel verschlossen. Die bestehenden Entwässerungen, wie Rinnen und Wasserspeier werden erkundet, freigelegt und nach Möglichkeit wieder aktiviert. Es werden aber auch gezielt Abdichtungen eingebaut. So werden die Gesimssteine ergänzt und die Kavalierplattformen erhalten, wenigstens in Teilen, eine wasserführende Auflage.

So mag die Wülzburg heute außer „Lebensgefahr“ scheinen, doch ohne Pflege wird ihr Widerstand gebrochen.

Beteiligte:

  • Bauherr: Stadt Weißenburg, Stadtbaumeister Herr Schwarz
  • Objektplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
  • SiGe-Planung: Büro Zimmerer (bis 2011),
    AVA Spalt (buildsafe), Frau Ludwig (ab 2012)
  • Denkmalpflege: BayLfD, Herr Dr. Koch, Herr Dr. Weis
  • Fledermausbeauftragter: Lehrstuhl f. Zoologie II Erlangen, Herr Hammer

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