Das Hochzeitshaus in Hameln

Im Oktober 2024 wurden die Instandsetzungsarbeiten des Daches am Hochzeitshaus Hameln abgeschlossen. Ziel der Maßnahme war die Neueindeckung aller Dachflächen und damit der Komplettaustausch der maroden Sandsteinplatten. Es macht jetzt wieder Freude nach oben zu schauen, auf die neue Deckung aus Solling Sandsteinplatten und eine reduzierte, ruhige Dachlandschaft. Die bauliche Maßnahme konnte auch dank der Förderung durch Bundesmittel umgesetzt werden.

Wir beglückwünschen die Stadt Hameln für die gelungene Dachsanierung und bedanken uns für die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Hameln, dem Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege und den ausführenden Firmen.

Das denkmalgeschützte Hochzeitshaus im Zentrum der Stadt Hameln ist ein bedeutender und in seiner Lage stadtbildprägender Bau im Stil der Weserrenaissance. Der repräsentative Festsaalbau der Bürgerschaft von 1610-17 wird dem Baumeister E. Wilkening zugeschrieben und zählt zu den bedeutendsten Bauwerken der Stadt. Es liegt in der Osterstraße an der Ecke am Markt.

Das Gebäude wurde 1930/31 entkernt und ist seit 1932 städtisches Verwaltungsgebäude, als Rathaus seit den 50er Jahren. Für diese Nutzung erfolgte ein völliger Innenumbau und neue Dachausbauten. Die Sanierung der Außenhaut wurde 1985/86 durchgeführt. Eine erneute, umfassende Entkernung und Modernisierung wurde im Zuge der Umnutzung als „Erlebniswelt Weser-Renaissance“ 2005 vorgenommen.

Derzeit werden lediglich wenige Räume am Westgiebel in allen Vollgeschossen genutzt: im Erdgeschoss ist eine Polizeiwache untergebracht, im 1. und 2. Obergeschoss befindet sich das Standesamt der Stadt Hameln. Die restlichen Flächen stehen aktuell leer.

Das Hochzeitshaus ist ein langgestreckter dreigeschossiger Steinbau mit Sandsteinplattendach. Das freistehende Gebäude besteht aus drei Stockwerken mit Sockel und Satteldach. Die nördliche Fassade ist verputzt. Auf der Nordseite ist ein weiteres Zwerchhaus angeordnet. Mit dem Umbau in den 1930er Jahren wurden auf der Dachfläche zahlreiche Schleppgauben in mehreren Ebenen und ein Gaubenband ergänzt.

Auszug aus Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Niedersachsen, 1992:
„Die drei Schauseiten durch Erdgeschoßfries und Zierquaderbänder betont horizontal gegliedert, vertikale Unterteilungen durch Lisenen nur in den Volutengiebeln der Schmalseiten und in den 3 Zwerchhäusern im S. Die Gestaltung der Zwerchhäuser verweist auf Einflüsse durch den West- und Südflügel der Hämelschenburg. Trotz des reichen Dekors nur geringe Plastizität der Fassade, die Fenster ohne Gewändebetonung eingeschnitten (die Erker der östl. Schmalseite wohl schon im 18.Jh. entfernt). – Im Erdgeschoß urspr. Ratswaage, Apotheke und Weinschenke, hinweisende Inschriften und Embleme über dem entsprechenden Rundbogenportal bzw. den 2 von Säulen flankierten Portalen mit Dreiecksgiebeln (z.T. zugemauert). – Der ehem. Festsaal im 1. Obergeschoß, im 2. Obergeschoß die ehem. Rüstkammer.“

Das Gebäude setzt sich im Einzelnen zusammen aus:
Kellergeschoss
Erdgeschoss
1. Obergeschoss
2. Obergeschoss
DG1 – Dachgeschoss
DG2 – Zwischenebene (ca. 1,50 m Raumhöhe)
DG3 – Spitzboden

Bauwerksgrößen:
Länge: ca. 43 m
Breite: ca. 15 m
Traufhöhe ca. 11-12 m
Gesamthöhe ab Geländeoberkante bis First ca. 21,5 m
Dachneigung ca. 52-55 Grad

Im Bestand war die Sollingdeckung des Hochzeitshauses vor Beginn der Maßnahme als Doppeldeckung ausgeführt. Die Natursteine waren auf einer Holzlattung mit 6/4 cm befestigt, welche wiederum auf den Sparren mit 10/16 cm auflag. Der Sparrenzwischenraum war in voller Höhe mit Mineralwolle ausgefüllt. Eine oberseitige Hinterlüftungsebene fehlte. Unterseitig war eine Folienverkleidung als Dampfbremse angebracht, welche teilweise mit Trockenbau verkleidet war. Es ergab sich damit eine Aufbauhöhe über dem Sparren von circa 10 cm. Durch die nachträglich eingebaute Dämmung in voller Sparrenhöhe ohne Hinterlüftung war ein Austrocknen der Ebene unter der Plattendeckung nicht mehr möglich. Große Bereiche der Sollingplatten waren geschädigt. Zur Sicherung vor herunterfallenden Platten waren jahrelang Schutznetze an der Traufe montiert. Ein Komplettaustausch war deshalb erforderlich. Teilweise wurden bei der letzten Deckung im 20. Jhd. blanke Stahlnägel verwendet, welche deutliche Korrosion aufwiesen. Der damit einhergehende Sprengdruck zerstörte die Platten am Befestigungspunkt. Schäden durch eindringende Feuchtigkeit in die Dämmebene waren nur in geringem Maß erkennbar.

Nach den erfolgten Rückbauarbeiten auf der Innenseite des Dachaufbaus zeigt sich der schlechte Zustand der bestehenden Plattendeckung. Die verbaute Steinqualität erschien mittelmäßig. Die Steine sandeten an der Innenseite deutlich ab, die Vermörtelung hatte man nicht nicht warten können, so brach sie aus den Fugen aus. Etliche Einzelflächen waren bereits in der Vergangenheit durch Bestandsplatten ausgetauscht worden, hier fehlte der Mörtelverstrich. Die Übergreifung der einzelnen Decklagen war an etlichen Stellen unzureichend, eine Dichtigkeit auch bei Schlagregen war nicht mehr in Gänze gegeben.

Die Maßnahme umfasste die Neueindeckung aller Dachflächen des Hochzeitshauses mit gebrochenen Sandsteinplatten, zudem sämtliche vorgelagerten Rückbauarbeiten einschließlich Anschlussarbeiten an den Bestand. Die eigentliche Dachsanierung wurde in zwei Bauabschnitten ausgeführt: vom Frühjahr bis Herbst 2023 BA I (westlicher Gebäudeteil) und analog im Jahr 2024 BA II (östlicher Gebäudeteil). Der Bauablauf war für beide Gebäudeteile weitestgehend gleich.

Anfang 2022 wurden bereits erste nicht-statische Ein- und Ausbauten zudem die umfangreichen haustechnischen Installationen der letzten Nutzung aus den drei Dachgeschossen demontiert und entsorgt. Um den Arbeitsraum in den Dachgeschossen brandschutztechnisch vom Rest des Gebäudes zu trennen, wurden Deckenlöcher zum 2. Obergeschoss in F30-Qualität geschlossen, die Treppenhäuser in der 1. Dachgeschossebene (DG1) ebenfalls in F30-Qualität gekapselt und mit Brandschutztüren versehen. Für den Materialtransport und das Andienen der Arbeitsflächen wurde während der Rückbau- und Sicherungsarbeiten ein Gerüstturm mit Lastenaufzug zur Verfügung gestellt. Die allgemeine Baustelleneinrichtung mit Sanitärcontainer, Bauwasser- und Baustromversorgung fand auf der gesicherten Freifläche vor der Nordfassade Platz.

Die Dachhaut und das Dachtragwerk wurde durch die vorbereitenden Maßnahmen in weiten Teilen von innen einsehbar; diese Bereiche konnten in Augenschein genommen und ein Holzschutzgutachter eingebunden werden. Der schlechte Zustand der bestehenden Plattendeckung wurde bestätigt.

Sämtliche Fassadenseiten des Hochzeitshauses wurden dem Bauabschnitt entsprechend eingerüstet. Um die Traufen und die Dachflächen sicher bearbeiten zu können, erhielten die obersten Gerüstlagen zusätzlich einen Dachfangschutz. Gerüsttreppentürme wurden an jeder Traufseite vor das Fassadengerüst gestellt. Zu überbrückende Bauteile, Ein- und Durchgänge wurden mittels Gitterträgern überspannt und mit Passantenschutz versehen. Auf Höhe der beiden Traufe schafften Gerüstplattformen weiteren Arbeits- und Lagerplatz während der Neueindeckung und den Arbeiten an den Dachtragwerken. Beide Plattformen wurden mit einem Gerüstaufzug angedient. Nach dem Einrüsten der Fassaden des westlichen Gebäudeteils (BA I) konnte mit dem Abdecken der entsprechenden Dachflächen begonnen werden.

Bei einem gemeinsamen Termin mit dem Tragwerksplaner wurden die weiteren Maßnahmen für die Zimmer- und Holzbauarbeiten festgelegt. Das vorhandene Dachtragwerk sollte im Wesentlichen unverändert bleiben, lediglich vorhandene Feuchteschäden wurden behoben und die hohe Anzahl der Schleppgauben reduziert. Um die Dachlandschaft vor allem auf der Nordseite zu beruhigen, sollten die Schleppgauben auf ein erforderliches Maß zurückgenommen werden. Hierfür wurden zwölf Gauben der oberen Dachebene rückgebaut und es galt je bis zu fünf Sparrenfelder querschnittsgleich zu schließen. In der unteren Dachebene wurde das bestehende Gaubenband gekürzt und durch zwei neue Gauben ersetzt. Die Nordseite erhielt eine neue kleine Gaube in der oberen Dachebene zur Entlüftung des Aufzugs.

Da die bestehende Holzkonstruktion weitestgehend intakt war, waren nur zimmermannsmäßige Reparaturen einzelner geschädigter Sparren durch Beilaschung, sowie Ergänzungen der Dachkonstruktion im Zuge der Umgestaltung der Dachlandschaft notwendig. Auch ältere, in handwerklich geringer Qualität ausgeführte Sparrenreparaturen wurden ersetzt, die Zugverbindungen der Zangen in der Binderachse in der Spitzbodenebene ergänzt und Holzverbindungen an Fuß- und Firstpunkten nachgesichert. Die Lattung wurde in größerem Querschnitt erneuert und verstärkt auf 7/5 cm, die Giebel und Zwerchgiebel wurden verschlaudert.

Für die Dachdeckungsarbeiten konnte das erforderliche Plattenmaterial für die Neudeckung aus Sollinger Sandstein nur mit einem hohen zeitlichen Vorlauf nach der Bestellung vom Steinbruch bereitgestellt werden. Die Platten wurden stehend in Gitterboxen ausgeliefert und auf Grund der eingeschränkten Lagerflächen vor Ort bis zum Einsatz zwischengelagert. Das Abdecken und Entsorgen der Bestandsplatten erfolgte Zug um Zug unter Freigabe und Begleitung des Tragwerksplaners. Wetterfeste Folien stellten die Regendichtigkeit bei Arbeitsunterbrechungen sicher. Die Deckung erfolgte nach historischem Vorbild. Da jedoch das denkmalfachlich abgestimmte Neumaterial lediglich auf der Oberseite gebrochen und auf der Unterseite kalibriert ist, kann von einer besseren Passgenauigkeit der Decklagen ausgegangen werden. Die Deckung an Traufe, Ortgang, First und Kehle sowie das Anarbeiten an Bauteile wie Ziergiebel, Gauben, Kamine und Fenster erforderte eine zusätzliche Bearbeitung der Einzelplatten. Zudem war mit der Denkmalpflege abgestimmt worden, eine Doppeldeckung auszuführen, bei der die dritte Reihe die erste noch überdeckt, so dass die Dachplatten in diesem Bereich dreifach liegen. Das neue Dach wurde als Kaltdach ausgeführt. Die Ebenen DG2 (Zwischenebene) und DG3 (Spitzboden) bleiben vollständig ungedämmt.

Im Zug der Neueindeckung wurde im Rahmen der Naturwerksteinarbeiten die Giebelzier der Hauptgiebel sowie der Zwerchhäuser vor Anschluss der Sollingplatten auf ihren baulichen Zustand kontrolliert. Die teils aufwendig profilierten Werksteine wurden gereinigt und von Bewuchs befreit. Nach der Schadenskartierung wurden erforderliche Reparaturen wie Vierungen, Mörtelantragungen und eventuell erforderliche Klammern oder Dollen definiert und ausgeführt. Schadhafte Verfugungen wurden erneuert. In diesem Zusammenhang wurde auch die Taubenabwehr überprüft und ergänzt.

Die Überarbeitung von Werksteinen der übrigen Fassadenseiten war nicht Gegenstand der Maßnahme.

Parallel zu den Dachdeckungarbeiten wurden sämtliche Blechbauteile wie Fallrohre, Regenrinnen, Traufverblechungen und Verwahrungen demontiert und in Kupfer erneuert. Die Gauben erhielten ebenfalls neue Kupferverwahrungen. Alle freien Traufen wurden mit Schneefang ausgestattet. Zierkugeln und Wetterfahnen auf den Giebelspitzen wurden kontrolliert und bei Erfordernis erneuert, vier Wetterfahnen und die Kaminverblechungen zudem restauratorisch überarbeitet. In Abstimmung mit der Denkmalpflege erfolgte die Ausführung von fassadenbegleitenden Rinnen an den Giebeln und Zwerchgiebeln mit neuem eingestemmtem Bleianschluss an das aufgehende Mauerwerk. Die Rinnen waren erforderlich, weil der neue Dachaufbau gegenüber dem Bestand leicht erhöht ist und der vor Beginn der Maßnahme knappe Anschluss an aufgehende Bauteile an der Rücklage der Giebel durch die tiefer verlegte Rinne gegenüber dem Bestand deutlich erhöht werden konnte. Hierfür wurde nach Abnahme der Mörtelaufdoppelung eine hölzerne Unterkonstruktion auf der Mauerkrone in Sparrenebene montiert, die Lattung eingepasst und dann die Blechrinne ausgebildet. Für den Bleianschluss mussten die Fuge an den Rücklagen neu ausgebildet und die neu eingebaute Kupferblechrinne an einspringende Werksteine angepasst werden. Abschließend wurde die Dachdeckung mit Teilüberlappung der Blechrinne verlegt.

Die Maßnahmen der Tischlerarbeiten beschränkten sich auf die Holzfenster in den Schleppgauben. Bei geometrisch unveränderter Gaubenkonstruktion wurden die vorhandenen Fenster aufgearbeitet, Fehlstellen an Stock und Rahmen ausgebessert, die Holzbauteile wiederholend gestrichen und das Fenster gangbar gemacht. Bei neuen oder veränderten Gauben wurden denkmalgerechte neue Holzfenster montiert.

Durch die komplette Neueindeckung wurde auch eine Neuinstallation des äußeren Blitzschutzes erforderlich. Die dafür nötigen Fangelemente an den exponierten Bauteilen wie Kamine und Ziergiebel und die Dachableitungen wurden installiert und an die vorhandene Erdung angeschlossen. Die Installationsarbeiten sind messtechnisch abgenommen und für die turnusmäßige Überprüfung dokumentiert.

 

Beteiligte:

  • Auftraggeber: Stadt Hameln
  • Objektplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Denkmalpflege: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege

Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:

  • Objektplanung
  • Tragwerksplanung