Die Christuskirche in Konstanz

Im Jahr 1682 wurden Langhaus und Altarraum der knapp 80 Jahre zuvor errichteten Jesuitenkirche durch Heinrich Mayer eingewölbt.
Das Bauwerk war offensichtlich nicht für den Einbau von Gewölben konzipiert. Unter der schweren Last begann es sich zu verformen.

Das Gewölbe der Christuskirche in Konstanz ist gerettet! Nach dem Einbau von Federelementen konnte das Gerüst zur Abstützung wieder entfernt werden.

Der Jesuit Heinrich Mayer hat im Jahr 1682 das knapp 80 Jahre zuvor als Jesuitenkirche errichtete Bauwerk sowohl im Langhaus als auch über dem Altarraum eingewölbt. Er verwendete Ziegel und Kalkmörtel als tragende Schicht für eine reiche Stuckierung der Gewölbe.

1930 musste das einsturzgefährdete Gewölbe über dem Langhaus durch eine leichtere Rabitzdecke ersetzt werden. Nur der barocke Himmel über dem Chorraum blieb erhalten. Doch bereits zu dieser Zeit dürfte er dem Kirchenboden um mehrere Dezimeter näher gekommen sein.

Viele Versuche, das verbliebene gemauerte Gewölbe in seiner Lage zu halten, scheiterten. Die frisch restaurierte Stuckierung der asymmetrisch deformierten Raumschale zeigte im November 2012 bereits wieder starke Rissbildungen mit Rissbreiten von bis zu 3 mm. Das Gewölbe hatte seine Stabilität verloren. Eilig wurde ein Innengerüst eingebaut und die Stichkappentonne im Scheitel abgestützt.

Zur Ursachenerkundung wurden die Gewölbeflächen unter- und oberseitig gescannt und in Schnitten ausgewertet. Die kontinuierliche geodätische Überwachung zeigte signifikante vertikale Bewegungen.

Für eine erste statische Analyse wurden die Scans gerastert und bildeten damit die Grundlage für den Aufbau eines 3-dimensionalen Finite-Elemente-Modells. Vergleichend wurden auch 2-dimensionale Gewölbeschnitte untersucht.

Einen Monat später lagen die Ergebnisse vor: Der Nachweis der Standsicherheit der Gewölbeschale kann rechnerisch nicht erbracht werden. Es wurde aber ein Rechenmodell gefunden, welches die vorhandenen Schäden realistisch abbildet. Über Simulationen konnten Eingriffe und die daraus folgende Lastabtragung abgeleitet werden. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um aktive Veränderungen für eine Stabilisierung der Gewölbeschale darzustellen.

Ziel der Instandsetzung war die Wiederherstellung der Gewölbetragwirkung. Eine Formänderung der Gewölbeschale wurde verworfen, da hierfür eine Erhöhung des Gewölbescheitels um ca. 50 cm notwendig gewesen wäre, was zu einem Verlust der Raumschale geführt hätte. Somit wurden im Modell nach und nach Stabilisierungskräfte entgegen der Schwerkraft in der kritische Zone des Gewölbes angesetzt. Am Ende sollten es 69 Stück dieser Lastpunkte sein, um eine ausreichende Unterstützung zu bieten. Die rot gekennzeichneten kritschen Gewölbeflächen wurden unbedenklich klein.

Doch wie lässt sich solch ein Lastpunkt konstruieren, damit sowohl ein neuer Formfindungs- und Umlastungsprozess in der Gewölbeschale möglich wird ohne dabei Überfestigkeiten eines neuen Auflagers zu erhalten? Die Antwort darauf geben seit über 20 Jahren erfolgreich eingesetzte Federelemente. Genau auf die Last abgestimmt werden hierzu im konkreten Fall 80 Tellerfedern mit definierter Federkennlinie für jeden Lastpunkt aufgefädelt. Jedes dieser Federpakete wird an einem neu im Dachraum installierten Trägerrost angeschlossen. Über den Federweg lassen sich nun sowohl die gewünschten Lasten einstellen, als auch Veränderungen im Lastniveau ablesen.

Am 21. August 2013 war es dann soweit: Die Federelemente wurden unter vermessungstechnischer Kontrolle Stück für Stück in mehreren Etappen angespannt. Dann lösten sich die ersten  Gewölbeabstützungen. Die Gewölbeschale wurde um bis zu 10 mm angehoben und auf diesem Niveau eingestellt.

Weitere Schäden an der Putzschale wurden, außer ein paar Stauchungen übertünchter Risse, nicht verzeichnet. Das Gewölbe trägt nun wieder frei. Erste Kontrollmessungen zeigen eine stabile Höhenlage des Gewölbes.

Auch Engel brauchen manchmal ein bisschen Unterstützung, um den barocken Himmel zu halten.

Unsere Erkenntnisse haben wir zusammengefasst in
„Denkmalpflege in Baden-Württemberg“ 4/2014 | mehr