Ehemalige Produktionshalle im Mühldorfer Hart

Das Planungsbüro für Umbau und Sanierung Dr. Bergmann (jetzt Büro Bergmann GmbH) wurde im Herbst 2001 mit der statisch-konstruktiven Untersuchung der ehemaligen Produktionshalle im Mühldorfer Hart beauftragt.

Heute ist der Rüstungsbunker Teil der „KZ-Gedenkstätte Mühldorfer Hart“, die auch an das Konzentrationslager Mettenheim I und das Waldlager V/VI erinnert. Die Betonschale soll als Mahnmal für die Opfer erhalten bleiben.

Der untersuchte Bogen ist der letzte von sieben ursprünglich erstellten Betonschalen. Diese wurden gegen Ende des 2. Weltkrieges als Produktionshalle für Flugzeuge mit Hilfe von Zwangsarbeitern, viele davon waren aus dem Konzentrationslager Dachau deportiert worden, errichtet. Nach Ende des Krieges wurden die Betonbögen gesprengt. Bogenelement Nummer 7 wurde als einziges nicht vollständig zerstört, sondern blieb, durch die Sprengung schwer beschädigt, erhalten.

Das Bogenelement ist nur ein Rest der unteren Tragschale. Die Arbeiten an der Produktionshalle konnten nicht vollendet werden. Geplant waren ursprünglich ein zusätzlicher zwei Meter dicker Aufbeton sowie eine Erdüberschüttung, wie dies bei der noch vollständig erhaltenen Bogenhalle in Landsberg zu sehen ist.

Der Bogenrest in Mühldorf hat eine Spannweite von ca. 75 m, eine Stichhöhe von ca. 15 m und eine Breite von etwa 20 m. Die geringste Bauteildicke beträgt im Scheitel 2,70 m. Zu den Widerlagern hin sind die Kämpfer leicht gevoutet. Die Auflager bestehen aus überschütteten Stahlbetonkörpern. Die Betonteile wurden auf einer Schüttung aus Kies betoniert. Nach deren Aushärtung wurde die Schüttung entfernt. Mit Zementschlämme durchsetzte Kiesnester haften großflächig an der Bogenunterseite. Bei der Sprengung wurde etwa ein Fünftel der Bogenfläche am östlichen Bauwerksrand abgerissen.

Nach der Sprengung war das Bogenelement auf der Unterseite von einem netzförmigen Rissgeflecht überzogen. Besonders an den Ausbruchstellen am östlichen Rand ist der Querschnitt großflächig zerrüttet. Einzelne Betontrümmer hängen an Bewehrungsstählen. Zum Mittelpunkt der Ausbruchsstelle laufen von den östlichen Bauwerksecken diagonale Risse durch die auskragenden Teile der Betonschale.

Entlang der Risse drang Wasser in das Bogenelement ein und führte zu Kalkauswaschungen und Bildung von Stalagtiten. Sowohl die Drittelspunkte als auch der Scheitel waren von quer zur Tragrichtung laufenden Rissen durchzogen. An mehreren Stellen fehlte die Betondeckung. Die korrodierte Bewehrung war sichtbar.

Die großflächig anhaftenden Kiesnester auf der Bogenunterseite konnten leicht gelöst werden. Zum Teil waren Schalbretter (Lehren) unter der Kiesschicht erkennbar.

Die vorhandenen Risse im Bauwerk sind großteils auf die Auswirkungen der Sprengung zurückzuführen.

Erste statische Berechnungen haben gezeigt, dass das Bogensystem auch ohne Mitwirkung der Bewehrung tragfähig sein könnte.

Bei ersten schwingungstechnischen Messungen konnten Eigenfrequenzen der Betonschale festgestellt werden: Offensichtlich gab es signifikante Eigenfrequenzen bei 6,7 und 10,2 Hz. Diese Ergebnisse konnten jedoch bisher nicht reproduziert werden. Kontrollrechnungen deuteten darauf hin, dass die gemessenen Eigenfrequenzen mit den Werkstoffeigenschaften eines B25 korrelierbar sind. Das vorläufige Ergebnis der struktudynamischen Untersuchungen wurde wie folgt beschrieben: „Das teils zerrüttete Gefüge des Bauwerks wird durch die Bogentragwirkung überdrückt. Die dynamischen Untersuchungen bestätigen die bei den statischen Berechnungen angesetzten Materialeigenschaften und Querschnittswerte.“

Im Einzelnen wurden folgende weitere Untersuchungen empfohlen:
1) dynamische Untersuchungen zum Eigenschwingverhalten unter Einsatz einer größeren Anregung (Rammsonde o.ä.)
2) dynamische Untersuchungen zur Überprüfung von Steifigkeitsunterschieden benachbarter Bauteile im Beriech des Ausbruchs
3) statische Berechnungen des Bogenelementes in seinem derzeitigen Zustand, insbesondere im Bereich des Ausbruchs
4) chemisch- mineralogische Untersuchung:
– Stalaktiten hinsichtlich ihrer Zusammensetzung
– Beton hinsichtlich seiner Festigkeit
5) chemisch- metallurgische Untersuchung der Betonstähle und deren Korrosion
6) Erarbeiten eines Maßnahmenkataloges zur Sicherung des Bogenelementes

Beteiligte:
Bauherr: Staatliches Hochbauamt Rosenheim
Statisch-konstruktive-dynamische Voruntersuchung: Büro Bergmann GmbH

Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:
– Verformungsgerechte Aufmaße
– Schadenskartierung
– Dynamische Messungen

 

Ende April 2018 werden zwei Teilprojekte der neuen KZ-Gedenkstätte „Mühldorfer Hart“ eröffnet, der dritte Teil, der die Reste der Bunkeranlage einschließt, wird, aufgrund langwieriger Arbeiten zur Kampfmittelsanierung, in den kommenden Jahren fertiggestellt.

Weiterführende Informationen zur Gedenkstätte: http://www.kz-gedenk-mdf.de/

Systemdarstellung Grundriss Produktionshalle
Querschnitt des Bogenelements (-klicken für Gesamtdarstellung-)
Untersicht des Bogenelements mit Schadenskartierung
Triangulares Netz des Bogengewölbes
Zerrütteter Querschnitt am Abbruchrand
Riss mit freiliegender Bewehrung
mehrfach gerissener Drittelspunkt des Bogens
Aufbau der Dynamischen Messung