Die Stadt Pfaffenhofen plante, im Rathaus eine zentrale Anlaufstelle für Bürgeranliegen (Bürgerbüro) zu schaffen. Anlass der umfangreichen Instandsetzung waren Defizite in der Standsicherheit der Geschossdecken, der Wunsch nach einer behindertengerechten Erschließung und die notwendige Erneuerung der sanitären Ausstattung.
Historie
1865 wurde der Neubau eines neuen Rathauses für die Stadt Pfaffenhofen an der Ilm an der Stelle der abgebrochenen Spitalkirche nach den Plänen des Kreisbauingenieurs und Architekten Beyschlag begonnen. Von der Heiliggeistkirche wurden nur die Glocken in den Rathausturm übernommen.
Vom Markt zur Stadt
Vor über 800 Jahren erhielt Pfaffenhofen die Marktrechte. 1438 wird Pfaffenhofen als Stadt erstmals urkundlich erwähnt. Außerdem besaß der Ort seit dem Mittelalter eine doppelte Bedeutung als Verwaltungszentrum: zum einen als Sitz eines Landgerichts mit eigenem Pfleger bzw. Landrichter und zum anderen als Markt bzw. Stadt mit einer eigener Verwaltung für das zugehörige Gemeinwesen.
Die beiden Bürgermeister und der anfangs aus 6, später aus weiteren Mitgliedern bestehende „Magistrat“ (Stadtrat) hatten ihren Amtssitz im Rathaus.
Die Errichtung eines Rathauses ist erstmals Mitte des 15 Jahrhunderts nachweisbar. Hierzu überließ Herzog Albrecht III. (1438-1460) dem Rat von Pfaffenhofen die Brandstätte der im Jahr 1388 vernichteten Burg am sogenannten „Hofberg“. Für mehr als 350 Jahre blieb dieses Rathaus der Sitz der Stadtverwaltung Pfaffenhofen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts fiel es als „Churfürstliches Rentamt“ an das Königreich Bayern.
Von 1803 bis 1868 diente das Stadtschreiberhaus (Hauptplatz 29) als Rathaus. Mit einer Kanzlei, einem kleinen Sitzungszimmer und der Stadtschreiberwohnung war es jedoch nur eine „Notunterkunft“. Das Stadtschreiberhaus war sehr geschichtsträchtig, u.a. war es das Geburtshaus des bedeutenden Jesuiten und Universitätsrektors Adam Schirmbeck (1618-1675). 1908 mußte das Gebäude dem Bau der „neuen“ Post weichen.
Die Vorgeschichte
Am Standort des heutigen Rathauses befanden sich seit dem späten 14. Jahrhundert die Gebäude der Heiliggeist-Spital-Stiftung. Diese Spital-Stiftung wurde 1380 von dem Münchener Bürger Georg Schrenck begründet.
Im Jahr 1388 wurde im gotischen Stil die Spitalkirche errichtet. Ein eigens für das Spital eingesetzter Geistlicher hielt darin Gottesdienste für die Spitalbewohner. Die Kirche war einst von einem kleinen Friedhof umgeben. An der Südseite war die die „Deutsche Schule“ angebaut. Mit der kirchenfeindlichen Säkularisation von 1803 wurde die Kirche „weltlichen“ Zwecken zugeführt und diente als Schrannenhalle (Getreidelager).
Ab 1862 setzten beim Stadtrat Diskussionen über den Neubau eines den gewachsenen Bedürfnissen der Stadtverwaltung entsprechenden Gebäudes ein. Erwogen wurden damals auch eine Integration des Bezirksamtes (Landratsamt) oder einer Kinderbewahranstalt (Kindergarten). Schließlich entschieden sich die Verantwortlichen für eine Lösung zugunsten der Stadtverwaltung.
Als Architekt für den Neubau wurde Franz Xaver Beyschlag aus München beauftragt, eine mögliche Umplanung der Spitalkirche wie hier in den Entwürfen dargestellt wurde aber wieder verworfen.
Die Spitalkirche mit ihren Nebengebäuden prägte über ein halbes Jahrtausend lang bis zu ihrem Abbruch im Jahr 1865 den unteren Stadtplatz.
Das historische Rathaus
1862 wurde der Abbruch der früheren Spitalkirche und der Neubau eines Rathauses an dieser Stelle durch den Stadtrat beschlossen.
Der Abbruch erfolgte im Jahr 1865. Von der Heiliggeistkirche wurden nur die Glocken in den Rathausturm übernommen.
Im Juni des gleichen Jahres wurde bereits mit dem Bau des Rathauses nach den Plänen des Kreisbauingenieurs und Architekten Beyschlag (Schüler des bekannten Münchner Architekten Friedrich von Gärtner) begonnen.
Der in den Stadtgrundrissen gut zu erkennende Stadtbach musste für die Fundamentierungsarbeiten am Rathausneubau zum Teil umgeleitet werden, da er im Bereich der Stützen und Grundmauern verlief. Der neue, leicht versetzt unter dem Gebäude verlaufende Bachlauf wurde mit einem Sandsteingerinne versehen, mit Backsteinen vermauert und mit einem Tonnengewölbe überformt.
Im Dezember 1865 war das Gebäude bereits im Wesentlichen fertiggestellt. Die Gesamtkosten des Baus betrugen 53.050 Gulden, anfänglich veranschlagt und genehmigt sind 34.500 Gulden nachträglich veranschlagt und genehmigt werden 18.550 Gulden.
Die Eröffnungsfeierlichkeiten für das neue Rathaus fanden am 26. Mai, dem Tag der 50jährigen Gedächtnisfeier der bayerischen Zivil-Verfassung, abends um 8 Uhr statt.
Bauforschung
Um Gebäude vor allem im Bereich der Denkmalpflege in ihrer Geschichte, ihrer Struktur, schlicht als Ganzes verstehen zu können, ist es hilfreich, sowohl vor den Baumaßnahmen als auch baubegleitend die vorhandene Bausubstanz zu untersuchen.
Um Gebäude vor allem im Bereich der Denkmalpflege in ihrer Geschichte, ihrer Struktur, schlicht als Ganzes verstehen zu können, ist es hilfreich, sowohl vor den Baumaßnahmen als auch baubegleitend die vorhandene Bausubstanz zu untersuchen.
Am Anfang der Arbeiten steht eine Bauaufnahme, also ein Aufmaß und die Erstellung einer maßstabsgerechten, meist sogar verformungsgenauen Zeichnung. Durch Zeichnungen, Fotos und Notizen wird das Bauwerk möglichst detailliert dokumentiert.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Quellenstudium in Archiven. Die originalen Architektur- und Bauzeichnungen können Aufschluss über den Urzustand nach Fertigstellung geben. Rechnungen und Protokolle geben Aufschluss über die Handwerker, die von ihnen erbrachten Arbeiten und deren Entlohnung.
Zusammen mit restauratorischen Befunduntersuchungen und Archivrecherchen lassen sich so z.B. frühere Phasen des Umbaues nachvollziehen.
Aussagekräftigstes Beispiel ist die Veränderungen in der Halle im Erdgeschoss:
1868
Das Erdgeschoss zeigt sich als großer Raum mit zwei Durchfahrten. Hierzu sind vier große Tore vorhanden. Der Eingang zum Erdgeschoss und zur städtischen Verwaltung erfolgt von West. Der Eingang zu den Wohnungen und zum Festsaal erfolgt von der Ostseite her über das Treppenhaus. Im Turm befindet sich eine Stube für den Schreiber. Ab 1890 wird die Halle im südlichen Teil als Lagerraum für Getreide genutzt, der nördliche Teil diente als Hopfenwaage.
1924
Der Hauptzugang wird auf die Westseite verlegt. Hierzu werden Treppenhaus und Aufgang in der Halle umgestaltet. Die Nebenräume südlich des Treppenhauses werden vermutlich 1928 im Zuge des Einbaus einer Warmwasserheizung umgebaut. Seit dieser Zeit werden auch die Löschgeräte der Feuerwehr in der südlichen, nun abgetrennten Halle untergebracht.
1934
Umnutzung der nördlichen Halle zur Stadtkasse. Weitreichende Baumaßnahmen durch nachträgliche Unterkellerung des nördlichen Abschnitts mit einem Luftschutzbunker.
1975
Einzug weiterer Zwischenwände und Raumteiler, Umbau der Erdgeschossräume für Stadtkasse und Stadtsteueramt im Nordflügel und Stadtkämmerei im Südflügel. Hierbei auch Ausbau der bauzeitlichen Tore im Süden.
Instandsetzung
Die Standsicherheit des Rathauses war nicht mehr ausreichend: die Holzbalkendecken im 1. Obergeschoss und insbesondere im Festsaal mussten umfassend verstärkt werden. Auch die Stahlträger oberhalb der Gewölbe im Erdgeschoss hatten zu wenig Tragreserven. Anforderungen an Technik und Brandschutz hatten sich geändert. Eine Instandsetzung war dringend nötig.
Die Standsicherheit des Rathauses war nicht mehr ausreichend: die Holzbalkendecken im 1. Obergeschoss und insbesondere im Festsaal mussten umfassend verstärkt werden. Auch die Stahlträger oberhalb der Gewölbe im Erdgeschoss hatten zu wenig Tragreserven.
Ein neues Treppenhaus als Fluchtweg aus dem Festsaal und ein behindertengerechter neuer Aufzug wurden eingebaut. Neue Sanitäranlagen und ein Aufenthaltsraum für die Angestellten waren erforderderlich.
Zu allem war die gesamte Elektro-, Wasser- Abwasser und Heizungsinstallation zu erneuern. Alle aktuellen Brandschutzanforderungen an Gebäude und Technik werden nun eingehalten.
Auch bestand der Wunsch nach einer Neugestaltung der Verwaltung und des Bürgerservice. Als neues Element wird im Erdgeschoss ein Bürgerbüro eingerichtet, das für alle Belange der Bevölkerung zuständig ist.
Seit der Erbauung im Jahre 1886 erfuhr die Schrannenhalle eine wechselvolle Geschichte. Von der Fleischbank zur Hopfenhalle, Polizeistation, Feuerwehrhaus, Kriegerdenkmal und Stadtkasse.
Hierfür wurde die ursprünglich großzügige Halle immer weiter durch eingezogene Zwischenwände durchtrennt.
All diese nachträglichen Einbauten wurden entfernt, um den ursprünglichen Charakter wieder erlebbar zu machen. Filigrane Glas-Stahl-Wände gliedern die Halle in ein großes Bürgerbüro und kleinere Einzelbüros. Auch das Trauungszimmer befindet sich im Erdgeschoss. Die Glas-Stahl-Wände können bei Bedarf wieder ausgebaut werden.
In allen Obergeschossen wurden neue Brandschutzdecken eingebaut und darin Leuchten und Brandmelder integriert. Die Räume erhielten einen neuen Parkettboden auf Trockenestrich. Bauzeitliche Fenster und Türen wurden repariert und neue Türen eingebaut. Die Heizleitungen wurden zum Schutz der Bausubstanz nicht in Wandschlitzen, sondern in den Sockelleisten geführt.
Im 1. Obergeschoss sitzt nun die höhere Verwaltung der Stadt. Der Bürgermeister hat sein neues Büro in der Süd-Ost-Ecke. Die Aufteilung vieler Räume konnte belassen werden. Wo nötig, wurden Zwischenwände herausgenommen oder neu gesetzt.
Das 2. Stockwerk bietet Raum für Repräsentation, Feste und Sitzungen. Der Festsaal übernimmt wieder seine frühere Hauptrolle als Saal für Kulturveranstaltungen und Feierlichkeiten, natürlich auch für die Sitzungen des Stadtrats. Für alle anderen Sitzungen steht nun an Süd-West-Ecke das neu gestaltete Sitzungszimmer zur Verfügung.
Die Farbigkeit im gesamten Gebäude bezieht sich auf die erste Ausmalung. Hierzu gab es unter vielen Farbschichten noch zahlreiche Befunde. Durch umfangreiche Untersuchungen konnten auch die Fassaden des 19. Jahrhunderts wieder entdeckt werden: nun zeigt sich das Rathaus mit seinen Bögen und Gesimsen wieder in seiner alter Pracht.
Die Baumaßnahmen wurden 2006 begonnen und 2008 abgeschlossen.
Beteiligte:
- Bauherr: Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm
- Projektverwaltung: Stadt Pfaffenhofen, Bauamt
- Objektplanung: Büro Bergmann GmbH
- Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
- Beratung Restaurierung: Herr Ullrich, Jetzendorf
- Beratung Akustik: Büro Messinger & Schwarz, Röthenbach
- Planung Bauteiltemperierung: Büro Hofer & Hölzl, Fürstenfeldbruck
- Planung Heizung/Lüftung/Sanitär: Büro Schiegerl, Pfaffenhofen
- Planung Elektrotechnik: VE-Plan GmbH, Pfaffenhofen
- Planung Innenausstattung: Büro Bergmann GmbH
- Denkmalpflege: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Herr Dr. Mette
- Archivalienforschung: Stadt Pfaffenhofen, Archiv
- Bauforschung, Dokumentation: Herr Lindauer, München
- Fotgrafie: Achim Bunz, München
Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:
- Geodätisches Aufmaß des gesamten Bauwerks
- Objektplanung
- Tragwerksplanung
- SiGe-Planung
- Planung Innenausstattung
Der Festsaal
Die Geschichte des Festsaales ist sehr vielschichtig: Ursprünglich als Festsaal der Stadt Pfaffenhofen erbaut, besaß er eine reiche, aus dem Zeitgeist des Historismus geprägte Ausstattung. Hiervon haben nur der Parkettboden und die Bilder der Bayerischen Könige die Zeiten überdauert. Doch wie waren die Wände und die Decke gestaltet?
Die Geschichte des Festsaales ist sehr vielschichtig: Ursprünglich als Festsaal der Stadt Pfaffenhofen erbaut, besaß er eine reiche, aus dem Zeitgeist des Historismus geprägte Ausstattung. Hiervon haben nur der Parkettboden und die Bilder der Bayerischen Könige die Zeiten überdauert. Doch wie waren die Wände und die Decke gestaltet?
Viele Rechnungen der Handwerker und der von Ihnen verarbeiteten Materialien sind noch vorhanden. Alte Fotoaufnahmen konnten bisher jedoch nicht aufgefunden werden. Auch die vorhandenen Archivquellen und Pläne waren nicht konkreter: Sie lassen lediglich den Rückschluss zu, dass der Saal eine Stuckdecke mit weit geschwungener Hohlkehle besaß.
Erste Befunde an der Wand brachten dann doch Erstaunliches zu Tage: Unter mehreren Farbschichten konnte eine kräftig rote Wandfassung mit hellroten Mustern, umbrafarbenen Bänderungen und Linierungen in einem hellen Ocker gefunden werden: Die Wände besaßen offensichtlich gemalte Brokate, also Stoffimitationen. Die Fenster waren als Triforien zusammengefasst und farblich abgesetzt.
An Hand dieser Befunde wurde in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eine erste Musterachse angefertigt, die bereits eine Vorahnung des wiederkehrenden Raumeindruckes zuließ.
Zahlreiche Diskussionen mit den Bürgern und vielen Fachleuten zeigten immer wieder das große Interesse an einer Gestaltung des Festsaals im Stil der Erbauung. Zur Veranschaulichung wurde ein Modell gebaut, um die Gesamtwirkung des Raums zu simulieren.
Danach wurde die Holzdecke abgebaut und alle Altanstriche abgenommen. Endlich konnten alle Reste der Brokatmuster gesichtet und ausgewertet werden.
In mühevoller Handarbeit wurden dann durch die Kirchenmaler mit Pinsel und Schablonen die Brokatmuster auf die Wandflachen aufgetragen. Über drei Wochen waren sie nur damit beschäftigt, die Schablonierungen aufzutragen und die Kanten zu linieren.
Das Ergebnis war perfekt: Der in der jetzigen Wandfassung vorhandene weiße Randstreifen sowie der schräge Randfries der Akustikdecke nehmen die Außenabmessungen der früheren Hohlkehle wieder auf.
An eine Wiederherstellung der Stuckdecke war nicht zu denken. Zum Einen fehlten alle Informationen fur eine sinnvolle oder gar authentische Rekonstruktion, zum Anderen mussten die Lüftungsrohre, die Beleuchtung und die gesamte Medientechnik in der Decke untergebracht werden.
Von der Technik ist heute nichts mehr zu sehen. Sie verbirgt sich hinter der neuen Akustikdecke. Diese ist speziell fur den Festsaal konzipiert worden und dürfte wesentlich fur den exzellenten Raumklang verantwortlich sein.
Der historische Parkettboden wurde vorsichtig abgeschliffen und mit einem Öl-Wachs-Gemisch behandelt. Dieses unterstützt die natürliche Patina des 140 Jahre alten Bodens.