Als Teil der Reichsfestung der Stadt Ulm wurde die Caponniere 4 in den Jahren 1844 – 1848 errichtet. Viele Jahre war sie in Vergessenheit geraten. Nun wurde sie durch die Stadt Neu-Ulm fur die Landesgartenschau 2008 instandgesetzt.
Die Abdichtung des Grabendaches
Ingenieure des 19. Jahrhunderts haben ein ausgeklügeltes System zur Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers entwickelt. Doch 2006 waren die Abläufe verschüttet und das Mauerwerk vollständig durchfeuchtet. Die Reaktivierung brachte erstaunliche Ergebnisse.
Die Instandsetzung der Caponniere 4 wurde unter der Prämisse eines für den Besucher ablesbaren „Zeitfensters“ in die Landesgartenschau 2008 integriert. Ziel war nicht nur eine Konservierung und Restaurierung des Bestandes unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten, sondern auch die Rekonstruktion wesentlicher Grundriss- und Gestaltungsmerkmale.
Doch 2006 zeigte sich ein vollständig durchfeuchteter Mauerwerksbau. Die Abdeckung war eine marode Schicht aus Asphalt und Betonestrich über einer Schüttung aus Schluff und Kies. Die eingedrungende Feuchtigkeit und der Frost hatten viele Spuren hinterlassen.
Um die Schadensprozesse zu stoppen, musste die Feuchtigkeit im Mauerwerk reduziert werden.
Mehr als 1000 qm Grundfläche überdeckt die Caponniere 4. Was hatten die Ingenieure des 19. Jahrhunderts zur Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers dieser Dimension entwickelt?
Ursprünglich war die Caponniere 4 mit Erdreich abgedeckt. Aber bei den Arbeitsprogrammen Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde diese Erdschüttung abgetragen. Stattdessen errichteten 1946 die Fabrikanten Mayer & Sohne eine Möbelhalle. Bis zum Abriss der Halle 1994 war die obere Abdeckung der Caponniere somit der Hallenboden.
2006 wurde der Fußbodenaufbau der Möbelfabrik wieder entfernt. Zutage trat ein ausgeklügeltes System: Die Dachentwässerung erfolgte über trichterförmige Vertiefungen zwischen den aus Ziegeln gemauerten Gewölben der Kasematten. In der Mitte der Caponniere fiel das Regenwasser über Ablaufschächte in einen Kanal unter der ehemaligen Mittelwand. Darin wurde es zum Mörserhof hin abgeleitet.
Die mittlerweile verschutteten Abläufe des Grabendachs konnten das Oberflächenwasser nicht mehr ableiten. Durch die Risse der Teerbeschichtung drang die Feuchtigkeit in den massiven Mauerwerksbau ein. Es galt somit, das bauzeitliche Entwässerungssystem zu reaktivieren.
Nun konnte das Mauerwerk jedoch nicht vollständig „nach oben“ abgedichtet werden. Die Austrocknung hätte gelöste Salze zu den Wandinnenseiten transportiert. Hier würden sie unter erheblicher Volumenvergrößerung auskristallisieren und das Mauerwerk regelrecht zerbröseln.
Für die Gewährleistung des Feuchtigkeitstransports aus dem Mauerwerk wurde daher ein neuer, diffusionsoffener Belag aus Ein-Korn-Magerbeton mit hinterlüfteter Flachdachabdichtung entwickelt. Die Feuchtigkeit gelangt dabei aus dem Mauerwerk in eine offenporige Betonschicht. Die Entlüftung der Betonschicht erfolgt sowohl über handelsübliche Dachentlüfter als auch Lochziegel der seitlichen Randeinfassung. Auf die Betonschicht wurde dann die bituminöse Flachdachabdichtung aufgebracht. Abschließend wurde das Dach mit Filter- und Grubenkies befüllt. Die Wirkung war deutlich: Das Raumklima hatte sich nach wenigen Monaten spürbar verbessert. Durch die kontrollierte Trocknung blieben die Wandflächen salzfrei.
Fur die Landesgartenschau 2008 erhielt die Kiesschicht einen mit Gabionen umfassten Holzbelag. Zu den Gesimsen hin wurde nach historischem Vorbild ein Erdwall angeschüttet.
Die Reparatur der Gewölbe
In den letzten 150 Jahren wurde die Caponniere 4 immer wieder umgebaut. Doch 2006 war die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben. Am Ende stand eine vorsichtige Ergänzung.
Die Instandsetzung der Caponniere 4 wurde unter der Prämisse eines für den Besucher ablesbaren „Zeitfensters“ in die Landesgartenschau 2008 integriert. Ziel war nicht nur eine Konservierung und Restaurierung des Bestandes unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten, sondern auch die Rekonstruktion wesentlicher Grundriss- und Gestaltungsmerkmale.
Doch zu Beginn der Planungen für die Landesgartenschau waren die Gewölbe alles andere als verkehrssicher: Teile der Gewölbe waren abgefallen, mit weiteren Ausbrüchen des Mauerwerks der Wände und der Gewölbe musste gerechnet werden.
Die Caponniere ist in sieben Ost-West gerichtete Kasematten und zwei Mörserstellungen im Süden unterteilt. Die Erschließung erfolgt von einem Vorhof aus über Zu- und Durchgänge. Die Räume sind massiv mit 3-Stein stark gemauerten Tonnengewölben aus Ziegelmauerwerk überwölbt.
In den 150 Jahren ihres Bestehens wurde die Caponniere immer wieder umgebaut. 1946 gliederte die Möbelfirma Mayer & Söhne die Caponniere in ihre Produktionsstätten ein. Während dieser Nutzung wurden die Zu- und Durchgänge der Kasematten und Eingangshäuser sowie die Schießscharten großzügig ausgebrochen und erweitert. Im Inneren wurden Wände abgerissen und Schächte verfüllt. In den letzten Jahren vor der Instandsetzung stand die Caponniere leer. Der Vandalismus zog ein.
Aufgrund der starken Durchfeuchtung des Mauerwerks kam es zu flächigen Materialabplatzungen an fast allen Wand- und Gewölbeflächen. An den erweiterten Öffnungen hatten die Gewölbeansätze nachgegeben und waren herabgefallen, auch das Mauerwerk der Wände war bereits gerissen und zerrüttet. Zahlreiche Mauerwerksfugen hatten sich geöffnet.
Ein wesentliches Ziel war es, mit der Landesgartenschau die Begehbarkeit der Caponniere zu ermöglichen. Hierbei sollte insbesondere das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder erlebbar werden.
Es zeigte sich schnell, dass die Standsicherheit des Gebäudes an sich nicht gefährdet war. Das Gebäude war auf einen Beschuss durch Artillerie, also einem Vielfachen des Eigengewichtes, ausgelegt. Heute musste es sich nur noch selbst tragen. Die Beanspruchung aus Wind und Schnee konnte nahezu vernachlässigt werden. Die Schwierigkeit lag also darin, den weiteren Verfall im Inneren zu stoppen.
Unter diesen Vorgaben wurden Verfahren entwickelt die es ermöglichten, beispielsweise bauzeitliche Formen, Materialien und Bautechniken auch weiterhin sichtbar zu lassen:
- Tiefe Ausbrüche und Fehlstellen wurden in Ziegel- bzw. Natursteinmauerwerk ergänzt: Die aufgefrorenen Steine wurden ausgetauscht. Die vergrößerten Öffnungen wurden über Schablonen ausgemauert. Besonders die Verschneidungen der Bögen verlangten dabei ein großes handwerkliches Können. Sollten doch die neuen Steine wieder in den vorhandenen Verband einbinden.
- Bei geringeren Ausbruchtiefen wurde die Form der Gewölbe mittels „Putzplomben“ modelliert. Angepasst an das Schadensbild und die Gewölbegeometrie wurden hierzu über einer Rabitzkonstruktion schichtenweise diffusionsoffene Antragsmassen aufgetragen.
Die Hohlräume im Mauerwerk wurden mit einer Kalksuspension verpresst. Schließlich sichert eine stählerne Bogenkonstruktion die Abbruchkanten der ursprünglich in den Kasematten vorhandenen Mittelwände.
Da die Ziegeloberflächen gemäß Befund geschlämmt waren, konnte die Verfugung kostengünstig überarbeitet werden. Über die gesamte Ziegeloberfläche wurde Mörtel aufgespritzt und das überschüssige Material abgenommen. So verblieb nur noch eine dünne Schlämmschicht zurück. Die Reparaturen waren somit als Eingriff in die historische Bausubstanz weiterhin deutlich ablesbar.
Am Ende stand die vorsichtige Ergänzung des Bauwerks in seiner ursprünglichen Konstruktion. Erfahrbar als Verteidigungsbauwerk. Funktional zum dauerhaften Bestand. Die militärische Ausstattung blieb jedoch der Fantasie überlassen.
Die Instandsetzung der Fassaden
Die militärische Funktion der Caponniere sollte wieder erfahrbar werden. Doch 2006 überragte lediglich ein flacher Stumpf des Bauwerks das Gelände. Beim Freigraben kamen sehenswerte Entdeckungen ans Licht. Die Instandsetzung der Caponniere 4 wurde unter der Prämisse eines für den Besucher ablesbaren „Zeitfensters“ in die Landesgartenschau 2008 integriert. Ziel war nicht nur eine Konservierung und Restaurierung des Bestandes unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten, sondern auch die Rekonstruktion wesentlicher Grundriss- und Gestaltungsmerkmale.
Bis 2006 war die Caponniere bis zur Brüstungshöhe der Schießscharten mit Erdreich verfüllt. Der mächtige Baukörper zeigte sich lediglich als flacher Stumpf über dem Gelände. Funktion und eigentliche Gestaltung des Baukörpers waren nicht mehr ablsebar. Zu Beginn der Instandsetzungsarbeiten wurde der Graben auf sein bauzeitliches Niveau abgesenkt. Hierbei traten die Natursteinsockel, die gesamte Caponnierenspitze sowie die historischen Riegelmauern und Reste der beiden Escarpenmauern mit zwei Eingangsbauten hervor.
Sollte auf der einen Seite die baulichen Veränderungen durch unterschiedliche Nutzungen ablesbar bleiben -z. B. nur durch Sicherung abgebrochener Mauerwerksteile und dem Erhalt neuzeitlicher Graffitis an den beiden Eingangsbauten- musste auf der anderen Seite die Erfahrbarkeit des Bauwerks durch Rekonstruktionen unterstützt werden.
Alle während der Nutzung als Möbellager großflächig ausgebrochenen Schießscharten wurden in der Mauerwerkstechnik des 19. Jh rekonstruiert, wobei speziell angefertigte Sonderziegel verwendet wurden. Brüstungen und Einfassungen wurden in Naturstein ergänzt. Zahlreiche Natursteine des Gesimses waren zerbrochen. Einige davon erhielten Werksteinprothesen. Andere mussten vollständig erneuert werden oder fehlten bereits. Hier bildeten Betonfertigteile eine ästhetische und zugleich wirtschaftliche Lösung.
Auf eine Rekonstruktion der stark zurückgearbeiteten Wände des Mörservorhofes wurde verzichtet. Der Besucher sollte die Mächtigkeit von Verteidigungsmauern durch den freien Blick über den Mörservorhof hinaus erfahren können. Die schadhaften Bereiche der stark durchfeuchteten Mauerkronen wurden nur ergänzt. Zum Schutz vor eindringender Feuchtigkeit wurde eine zusätzliche Imprägnierung aufgetragen.
Die Außenmauern waren sehr stark durch schalenförmigen Abplatzungen und zahlreichen Ausbrüchen, starken Verschmutzungen durch Moos- und Algenbefall und neuzeitlichen Putz- und Anstrichresten geschädigt bzw. gestört. Um die Eingriffe in die Originalsubstanz so gering als möglich zu halten, wurden an den Außenfassaden nur die notwendigen, partiellen Steinreparaturen vorgenommen. Alle Ziegelergänzungen wurden analog des bauzeitlichen Lage ausgefuhrt und stehen geringfugig vor den angrenzenden, verwitterten Ziegeloberflächen. Die Verfugung wurde in Teilen überarbeitet und ergänzt. Zur Beruhigung der Fassadenerscheinung wurden die Oberflächen abschließend durch vorsichtige partielle Reinigung angepasst. Die Reste der farbigen Fugen blieben dabei erhalten.
An und in der Caponniere 4 wurde die Ablesbarkeit von Rekonstruktionen, Ergänzungen und Reparaturen mit maßvollen Angleichungen von Oberflächen umgesetzt. Nach Abschluss der Arbeiten darf sie nun wieder das sein, was sie am Besten kann: Eindruck erwecken; imposant und standhaft, auch ein bisschen unnahbar.
Die Caponniere 4 wurde in der Landesgartenschau mit Ausstellungen und Kulturveranstaltungen im Innenraum und auf der Plattform den Besuchern vorgestellt.