Das Kloster „Zur Ehre Gottes“ in Wolfenbüttel

Hausschwamm und Setzungen bedrohen den Bestand des gesamten Gebäudeensembles. Mit einem Ende der Setzungen und Verformungen der Gebäude in Fachwerk-Ständerbauweise konnte ohne bauliche Eingriffe nicht gerechnet werden. In einem ersten Bauabschnitt wurde der am stärksten gefährdete Südflügel statisch-konstruktiv instand gesetzt.

Das Kloster wurde im Jahr 1699 durch Herzog Anton Ulrich und seiner Gemahlin Elisabeth Juliane in Ihrem Schloss Salzdahlum gegründet. Das Damenstift sollte der frommen Besinnung der Fürstlichkeiten ebenso dienen wie sozialen Zwecken. Die ersten Konventualinnen wählte der Herzog aus den Witwen und Angehörigen der Hofbeamten persönlich aus. 1791 zog der Konvent von Salzdahlum in das Zentrum von Wolfenbüttel. Das neue Domizil war das alte repräsentative Hofbeamtenhaus aus dem Jahr 1591 mit einer umfassenden Erweiterung und Umgestaltung zu Anfang des 18. Jahrhunderts durch Hieronymus v. Münchhausen.

Noch heute leben sechs Konventualinnen unter der Leitung einer Domina in der klösterlichen Gemeinschaft. Seit 2006 auf Grund der sich verschlechterten Wohnverhältnisse allerdings nicht mehr in Ihrem angestammten Gebäude am Kornmarkt in Wolfenbüttel.

Der Südflügel des Klosters ist als zweigeschossiges gebundenes System mit vorkragendem Ober- und Dachgeschoss konstruiert, das im Keller- und Erdgeschoss mit hohen Geschoßständern, die beide Geschosse in den Fassaden zusammenbinden, verzimmert ist (Geschoss – Ständerbauweise). Das Fundament besteht aus Kalkstein-Bruchsteinmauerwerk ohne erkennbaren Mörtelanteil. Die anderen Flügel sind in ähnlicher Weise als Holzfachwerk-Ständerbauten errichtet worden.

Die Deckenspiegel im Südflügel sind durch raumweise umlaufende Stuckgesimse aus einer Umbauphase des 18. Jh. eingefasst, mit brüstungshohen Wandpaneelen mit einem Gemäldemedaillon in einzelnen Räumen des Obergeschosses. Zweiflügelige Türausstattungen stammen aus einer Umbauphase des 18. Jh. Ein Lehmfeinputz ersetzte 1. Hälfte 19. Jh. größtenteils den barocken Wandfeinputz. Kreuzstockfenster wurden in Umbauphasen bis zur Mitte des 19. Jh. eingebaut. Vermutlich ist der überwiegende Teil der Tafeldielenböden aus der Umbauphase gegen Ende des 18.Jh. und/oder aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Im Andachtsraum befindet sich eine geprägte Goldledertapete. In Zweitverwendung verbaut, gehört sie zu den wenigen erhaltenen Exemplaren solcher Wandverkleidungen des 18. Jahrhunderts.
Im Kellergeschoss sind Reste einer Kellerküche mit offenem Kamin und Renaissancedekor vorhanden.

Der Ostflügel besitzt eine zweiläufige Barocktreppe mit Korbbogeneinfassung und Wandpaneelen unter den Handläufen, Die Pilasterteilung in den Fensterachsen sowie dominierende Stuckkamine tragen den reichen Deckenstuck  im Festsaal. Barocke Raumfluchten und Türöffnungen mit Originalbestand sind noch in weiten Teilen vorhanden, ebenso der Holzboden mit breiten Dielen.

Hausschwamm und Setzungen bedrohen den Bestand des gesamten Gebäudeensembles. Vor allem der Südflügel war gefährdet. Mit einem Ende der Setzungen und Verformungen konnte ohne bauliche Eingriffe nicht gerechnet werden. In jüngerer Zeit waren Sicherungs- und Konservierungsarbeiten, vor allem am Ostflügel, durchgeführt worden, jedoch nicht in Hinblick auf eine zukünftige Gesamtnutzung des Ensembles.

Nach einer statisch-konstruktiven Voruntersuchung wurde das Büro Bergmann zusätzlich mit der Erstellung eines Nutzungskonzepts beauftragt. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse ergab sich definitiv ein Handlungsbedarf sowie ein realistisches Konzept in Bezug auf die zukünftige Erhaltung des Gebäudes und zur Gesamtsanierung.
Nach Fertigstellung der Haushaltsunterlage-Bau (HU-Bau) wurde entschieden, derzeit nur den Südflügel in einem ersten Bauabschnitt statisch-konstruktiv zu sichern und das neu geplante Treppenhaus einzubauen. Weitere Nutzungsüberlegungen wurden zurückgestellt.

Zu Beginn der Zimmererarbeiten wurden die Deckenbalken nahe dem Anschluss an die Fassaden von der Decke über dem Obergeschoss bis zum Keller bauprovisorisch abgestützt. Um den Fußboden über dem Gewölbekeller frei zu halten, wurde hier ein Stahlprofilträger unter die Decke eingehoben.

Mit der Reparatur der geschädigten Holzbauteile wurde das Dachtragwerk zimmermannsmäßig repariert: die Sparren wurden angeblattet, die Zerrbalken wurden über die zusätzliche Deckenverstärkung mit Stahlprofilträgern gestückelt. Fehlende Holzbauteile wie Hahnenbalken, Windverbände, Schiftersparren der südlichen Gauben und unterbrochene Bauteile durch die nun rückgebauten Kamine wurden kraftschlüssig wieder ergänzt.
Der Ostgiebel ist durch Stichbalken mit einem Zerrbalken verbunden. Nach dem Einbau der Zerrbalkenverstärkung mittels Stahlträgerbeilaschung an diesem Zerrbalken wurden diese Anschlüsse über Stahllaschen wieder hergestellt.
Die Zerrbalken wurden, vorbereitend für eine zukünftige Nutzung, verstärkt. Dies erfolgte über von oben eingeschlitzte T-Profil-Träger, an von oben nicht zugänglichen Zerrbalken über U-Profil-Beilaschungen. Die schwere Gipsestrichauflage im Dachgeschoss wurde entfernt.
Über dem vermuteten ehemaligen Saal im Obergeschoss war im Norden die Decke vom Fußboden des 1. Dachgeschosses durch in jüngerer Zeit eingebaute zusätzliche Holzbalken entkoppelt worden. Mit der Reparatur der Zerrbalkenköpfe und der Verstärkung mit Stahlprofilträgern konnten diese additiven Konstruktionen wieder ausgebaut werden.

Das Dach über dem Südflügel wurde neu mit Krempziegel mit Sturmverklammerung eingedeckt. Die Dachschalung und der Bretterbelag auf den Kehlbalken wurde gemäß den Erfordernissen als statisch wirksame Scheibe verlegt. Die Dachkästen entlang der Ortgänge des Ostgiebels und der Gauben mussten erneuert werden. Die Ortgänge und die Gaubenseiten wurden verschiefert. Mit der Eindeckung wurden der Schneefang, sämtliche Verblechungen am Dach, die Regenrinnen und Fallrohre einschließlich der Bodeneinläufe erneuert.

Die Fachwerkfassaden wurden über Sondierungsbohrungen auf den aktuellen Schadenszustand hin überprüft. Durch Öffnungen des Fußböden entlang der Fassaden wurde der Anschluss der Deckenbalken mit den Fassadenfachwerken überprüft. Reparaturen wurden noch an den südlichen Giebeln der Utluchten mittels Bohlenvierungen und am Riegel der Geschossdecke an der Nordfassade durchgeführt.
Mit dem aufgemauerten Sockel der Südfassade wurde eine neue, höher liegende Schwelle in Eichenholz verbaut. Die Schwellen wurden über angeschraubte Stahlschuhe zu den Deckenbalken rückgeankert.
Das Fassadenfachwerk im Obergeschoss des neuen Treppenhauses wurde neu aufgeteilt.

Die westlichen beiden Achsen des Südflügels wurden für den Einbau eines neuen, zusätzlichen Treppenhauses geschossweise entkernt. Mit dem abschnittsweisen Rückbau konnte erreicht werden, dass die vorhandene Sparrenlage bis zum Betonieren der Decke über dem Obergeschoss als Wetterschutz erhalten blieb und sich die Absturzhöhen begrenzten. Dieses neue Treppenhaus erschließt nun das gesamte Gebäude vom Keller bis zum 2. Dachgeschoss.

Die losen Auffüllungen des Kellergewölbes im Osten des Südflügels wurden rückgebaut und durch eine Betonschüttung ersetzt. Das Gewölbe wurde danach mit einer Stahlbetondecke überbetoniert. In diese Stahlbetondecke wurde die hier stark schief stehende und in den letzten Jahren notgesicherte
Südfassade über abgewinkelte Gewindedollen in Edelstahl und der gemauerte Sockel des Ostgiebels über Edelstahl – Mauerwerksanker rückgeankert.
Die Risse in der Gewölbeschale sowie die Abrisse zum südlichen Sockel wurden verpresst oder mit Mörtel ausgestopft.
Die Untermauerungen der Gewölbescheitel und eine Trennwand im Gewölbekeller wurden entfernt. Die vorhandenen Abfangungen des Mauerwerks vor dem südlichen Sockel (Eisenträger, Mauerwerkspfeiler) wurden durch eine Ergänzung des Gewölbes ersetzt.

Der Fachwerksockel der Gebäudesüdwand wurde durch eine Erhöhung des gemauerten Sockels in Vollziegelmauerwerk bis zur Kellerdecke erhöht. In diesem Zuge wurde die bereits in Kalkstein-Quadermauerk ausgeführten höheren Sockel der Utluchten repariert. Das neue Mauerwerk wurde gegen aufsteigende Feuchtigkeit abgesperrt.
Am Ostgiebel wurden die Putze des Kalkstein-Bruchsteinmauerwerks lediglich ausgebessert. Eine Entsalzung oder partieller Mauerwerksaustausch war im Rahmen des 1. Bauabschnitts nicht vorgesehen.

Die zur Reparatur der Fachwerke ausgebauten Gefache wurden wieder ausgemauert und außenseitig verputzt.

Nach den Befunden der barocken Leitschicht erhielt die Fassade des Südflügels einen grauen Schutzanstrich. Dieser Schutzanstrich hat einen eindeutig provisorischen Charakter. Die vorhandene Oberfläche wurde lediglich gereinigt und lose Teile entfernt. Der Anstrich erfolgte mit einer Grauabstufung des Sockels, der Wandfläche und des Traufkastens in Grund- und Schlussbescsichtung.

Die Baumaßnahmen haben im Dezember 2014 begonnen und wurden im Dezember 2015 abgeschlossen.

Beteiligte:

  • Projektverwaltung: Staatl. Baumanagement Braunschweig, Frau Mocha
  • Bauherr: Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Herr Henkel
  • Denkmalpflege: Nieders. Landesamt für Denkmalpflege, Frau Graumann
  • Objektplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Elektroplanung: Ingenieurbüro für Elektrotechnik Regner, Wolfenbüttel
  • Planung Heizung/Sanitär: IB Wolf + Weiskopf GmbH, Hannover
  • SiGe-Planung: Ingenieurbüro Kobbe GmbH, Northeim

Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:

  • Erstellung Nutzungskonzept
  • Statisch-konstruktive Voruntersuchung
  • Zusammenstellung HU-Bau
  • Objektplanung
  • Tragwerksplanung