Das Schloss Celle ist eine der besterhaltendsten geschlossenen Barockanlagen Norddeutschlands und wird als eines der wertvollsten Baudenkmale in Niedersachsen gesehen. Es besitzt das älteste, heute noch regelmäßig bespielte Barocktheater Deutschlands.
Allgemein
Es bestand seit langem der dringene Handlungsbedarf, Bedingungen für einen modernen Betrieb des Schlosstheaters Celle zu schaffen. Das Theater als Kulturort sollte neu belebt werden.
Das Schloss Celle ist eine der besterhaltendsten geschlossenen Barockanlagen Norddeutschlands und wird als eines der wertvollsten Baudenkmale in Niedersachsen gesehen. Die Vorgängerburg des Schlosses wurde wahrscheinlich ab 1292 errichtet. Die jetzige Außenansicht des Schlosses ist im wesentlichen auf die Umgestaltung Mitte des 16. Jh zurückzuführen. Zwischen 1665 und 1675 erfolgte eine barocke Erweiterung zu einer aufwendigen Vierflügelanlage. In diesem Zuge wurde von Giuseppe Arighini ein Theater eingebaut. Es ist das älteste, regelmäßig heute noch bespielte Barocktheater Deutschlands. Trotz diverser Umbauten erscheint der barocke Charakter bis heute spürbar. Die letzten Baumaßnahmen erfolgten ab 1984 u. a. mit dem Einbau eines neuen Treppenhaues im ehemaligen Palas, einer Restaurierung der Gotischen Halle und des Rittersaales.
Es bestand seit langem der dringene Handlungsbedarf, die Raum- und Arbeitsplatzbedingungen für einen modernen Theaterbetrieb zu optimieren und dabei die räumlichen Zuordnungen weitreichend umzustrukturieren. Insbesondere die Anforderungen an Arbeitssicherheit und Brandschutz mussten dabei berücksichtigt werden. Ziel war die Wiederbelebung des barocken Umgangs, der für den Besucher einen neuen Gesamteindruck vom Theater mit seinen zugehörigen Räumen und dem gesamten Schloss erschließt. Das Theater wird als Kulturort durch die Erneuerung aller bühnentechnischen Einrichtungen und einer umfangreichen Restaurierung des Zuschauerraumes neu belebt.
Die Instandsetzung sah zuerst eine statische Ertüchtigung des Borgturms mit einer Bodenverbesserung vor, der sich umfangreiche Reparaturen an den Dachtragwerken und eine Erneuerung des Dachs über der Bühne anschlossen. Die Decken wurden instandgesetzt und dabei alte Reparaturen rückgebaut. Für die Verbesserung der Fluchtwege wurde ein neues Treppenhaus im Turm Nord-West eingebaut. Die gesamte Elektroinstallation, brandschutztechnische Überwachung, Sanitär- und Heizungsinstallationen und die lufttechnischen Anlagen wurden erneuert. Unterirdische Anbauten (Technikgang, WC-Keller) haben die Infrastruktur verbessert, ohne dass große Eingriffe in die Bausubstanz vorgenommen werden mussten. Alle Oberflächen im Nord- und Westflügel wurden restauratorisch überarbeitet.
Das Schloss Celle ist im Besitz des Landes Niedersachsen und steht unter Denkmalschutz. Die Baumaßnahmen wurden durch das Staatliche Baumanagement Lüneburger Heide betreut.
Die Baumaßnahmen haben im März 2010 begonnen. Die Premiere im neu restaurierten Theater fand am 12. Oktober 2012 statt.
Beteiligte:
- Bauherr: Staatliches Baumanagement Lüneburger Heide,
Außenstelle Celle - Objekt- und Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
- Tragwerksprüfung: IB Kreutzfeld, Ingenieurbüro für das Bauwesen
- Baugrunduntersuchung: Ingenieurbüro Schütte & Dr. Moll GmbH
- Schallschutz: Akustikbüro Göttingen
- Gutachten/Beratung Feuchte/Salze /Klima: Dr. Hans-Jürgen Schwarz
- Brandschutz: HHP Nord/Ost, Beratende Ingenieure GmbH
- Schadstoffanalyse: Ingenieurbüro Ulf Kausche
- Bühnentechnik: itv Ingenieurgesellschaft für Theater-
und Veranstaltungstechnik mbH - BMA / EMA: Ingenieurbüro Matthias Schmiedgen & Partner GbR
- Lüftung: Ingenieurbüro Gierke
- Planung Heizung/Sanitär:Ingenieurbüro Schreiber
- Archivalienforschung, Dokumentation: Herr Rüdiger Lilge
- Befundung: Herr Peter Furmanek
- Denkmalpflege: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:
- Geodätisches Aufmaß Nord- und Westflügel
- Statisch-konstruktive Voruntersuchung Dach und Theater
- Objektplanung, Planung Innenausstattung
- Tragwerksplanung
- Planung Verkehrsanlagen
- Bauüberwachung
Baumaßnahmen 2010
Im Jahr 2010 wurden die Arbeiten unter dem Gelände ausgeführt, die abgeschlossen werden mussten, bevor 2011 die Gerüste aufgestellt werden konnten. Ein Schwerpunkt war die Ertüchtigung der Fundamente des wohl ältesten Teils des Celler Schlosses: der in den Nordflügel einbezogene Borgturm.
Ein Schwerpunkt war die Ertüchtigung der Fundamente des wohl ältesten Teils des Celler Schlosses: der in den Nordflügel einbezogene Borgturm.
Die Untersuchungen hatten ergeben, dass die mehr als 3 m breiten Fundamentmauern aus geschütteten Raseneisensteinen und Granitfindlingen mit geringem Verbund auf der Nordseite auf einer Linse aus tonigem, humosen Schluff errichtet wurden. Daraus folgende unterschiedliche Setzungen des Baugrunds und Nachgiebigkeiten der Fundamente können die bereits lang anhaltenden Deformationen des Bauwerks erklären: Die Gewölbe im Erdgeschoss des Borgturms zeigen ältere Verwerfungen und Versätze, die Nordfassade ist vom Gelände bis zum Traufgesims 25 cm aus der Vertikalen nach Norden verkippt und von zahlreichen Rissen durchzogen.
Unter vermessungstechnischer Kontrolle wurde nun das Fundamentmauerwerk mit einem Spezialmörtel verpresst und der Baugrund partiell über Verdichtungsinjektionen verbessert.
Seit Juli 2010 wurden neue Anbauten errichtet:
- Im Innenhof des Schlosses wurde der im Jahr 1988 eingebaute begehbare Technikgang am Nordflügel zum Eingang im Westen in WU-Stahlbetonbauweise verlängert. Die östliche Außenwand des Westflügels wurde hierzu taktweise unterfangen. Das jahrhundertelang im Baugrund verborgene Fundamentmauerwerk des Schlosses ist nun in dem neuen Gang sichtbar.
- In den Schlosswall im Westen wurde ein zweigeschossiges Bauwerk integriert. Die geringe Tragfähigkeit des Baugrunds erforderte die Tiefgründung mittels Einstab-Verpresspfählen. Die Decke dient als Feuerwehraufstellfläche des neu geschaffenen Zufahrt- und Rettungsweges auf dem Wall.
- Zwischen den Kellerräumen des Westflügels und denen im Schlosswall wurde ein Verbindungstunnel und ein Infrastrukturkanal in offener Bauweise eingefügt.
Maßnahmen 2011 / 2012
Die Instandsetzung des Nord- und Westflügels von Schloss Celle bedeutete neben der statischen Ertüchtigung von Bauteilen auch den sinnvollen Eingriff in die vorhandene Bausubstanz zur Verbesserung der Fluchtwege. Durch die konstruktive und funktionale Veränderung des Baubestandes ergab sich die große Chance, eine „barocke“ Theater- aufführung für den künftigen Besucher des Schlosses wieder erlebbar zu machen.
Es bestand seit langem dringender Handlungsbedarf, die Raum- und Arbeitsplatzbedingungen im Schlosstheater in Celle einem modernen Theaterbetrieb anzupassen und dabei die räumlichen Zuordnungen zu verbessern. Die Anforderungen an Arbeitssicherheit und Brandschutz standen dabei im Vordergrund.
Die Instandsetzung des Nord- und Westflügels von Schloss Celle bedeutete neben der statischen Ertüchtigung von Bauteilen auch den sinnvollen Eingriff in die vorhandene Bausubstanz, um eine wesentliche Verbesserung der Fluchtwege für Besucher und Theaterangestellte im Katastrophenfall zu erreichen. So konnte durch die Entkernung des nordwestlichen Turmes ein neues Treppenhaus eingebaut aber auch neue Räumlichkeiten für den Theaterbetrieb gewonnen werden.
Über behindertengerechte Zugänge zu Theaterkasse und Zuschauerraum wird der barocke Umgang im 1. Obergeschoss des Schlosses mit den anschließenden repräsentativen Stuckräumen des künftigen Theaterempfangs mit Bewirtung erschlossen.
Durch die rein konstruktive und funktionale Verbesserung des Baubestandes ergab sich die große Chance, für den künftigen Besucher des Schlosses eine „barocke“ Theateraufführung im Gebäude erlebbar zu machen:
Der Gast betritt das Schloss über den erleuchteten Innenhof und gelangt über das Treppenhaus Nord zur Theaterkasse, die sich im freigestellten Borgturm mit seinem großen Gewölbe im 1. Obergeschoss befindet. Von dort kann man über den Flur in die prächtigen Museumsräume oder zum Theaterempfang in den Westflügel flanieren, der mit seinen mit Stuck verzierten Räumen das barocke Ambiente unterstreicht. Das Treppenhaus Nord verbindet mit seiner neuen Innengestaltung Barock und modernes Theater und führt vom Wandelgang in den Zuschauerraum im 2. Obergeschoss. Der Gast erlebt die barocke Theaterkultur mit dem Schließen der Fensterklappen bei Vorstellungsbeginn.
Brandschutztechnische und statische Defizite erforderten den Einbau von Stahlbetondecken. Hierdurch wurden Aufstellflächen für die neue Lüftungszentrale im Dach des Nordflügels geschaffen. Der in den 1930iger Jahren eingebaute „Sargdeckel“ (Betondach) über der Bühne musste aufgrund seiner Schadhaftigkeit rückgebaut und erneuert werden.
Durch die Rückbauten im Turm NordWest für ein neues Treppenhaus wurde der alte Borgturm wieder sichtbar und Reste der Quadermalerei aus der Erbauungszeit konnten freigelegt und ergänzt werden. Der Einbau von Vernadelungen und ein anschließendes Verpressen mit Zementsuspension ertüchtigte das mehrschalige Mauerwerk des ehemaligen Bergfrieds.
Bei den Dachwerken wurden, sofern nutzungsbedingt keine Kompletterneuerungen erforderlich waren, partiell geschädigte Teile des Dachtragwerks (Mauerlatten, Zerrbalken, Sparrenfußpunkte etc.) querschnittsgleich repariert sowie stark geschädigte Hölzer erneuert.
Das Dach über dem Westflügel und Teile des Norddaches erhielten eine neue Dachdeckung gemäß dem Bestand. Die Blechanschlüsse wurden überarbeitet und teilweise erneuert.
Die Holzbalkendecken wurden repariert und ertüchtigt, so dass die historischen Lehmwickeldecken über dem Malersaal im Erdgeschoss, den Räumen der Theaterbewirtung im 1. Obergeschoss und den Magazinräumen im 2. Obergeschoss erhalten werden konnten.
Die gesamte Elektroinstallation, brandschutztechnische Überwachung, Sanitär- und Heizungsinstallationen, sowie die lufttechnischen Anlagen wurden erneuert. Die neuen Installationen liegen vorrangig in alten Kabelschlitzen im Mauerwerk, um die Eingriffe in die historischen Putz- und Maloberflächen so gering wie möglich zu halten. Nicht mehr benutzte Kamine wurden zu Technikschächten umfunktioniert.
Im Zuschauerraum des Theaters und in den beiden Studiobühnen wurde ein neuer Druckboden als Bestandteil der Raumklimatisierung eingebaut. Die Böden erhielten entsprechende Zuluftauslässe.
Eine neue Schallschutzverglasung für die Fenster der Räume von Theater, Malersaal und Turmbühne wird künftig störende Geräusche während den Vorstellungen unterbinden.
Die statisch notwendigen Eingriffe in die Bausubstanz bedingten restauratorische Vorsicherungen und anschließende umfangreiche Putz- und Malerarbeiten, die in den repräsentativen und bauhistorisch wichtigen Räumen durch Restauratoren ausgeführt wurden.
Die Stuckdecken und Wände im 1. Obergeschoss des Westflügels wurden restauriert und nach Befund gefasst. Die Wiederherstellung eines barocken Raumeindrucks wird durch den Einbau von neuen Holzdielenböden mit umlaufenden Friesen unterstützt.
Die Stuckdecken des 2. Obergeschosses wurden nur gesichert und vorsichtig gereinigt. Auf eine Fassung wurde verzichtet. Die Stuckdecken sind hier gegen mechanische Beschädigungen mit einem Netz geschützt.
Im Zuschauerraum wurden vor Beginn der Maßnahmen zur Reparatur der Grundkonstruktion umfangreiche Befunduntersuchungen durchgeführt. Auf Grund der Ergebnisse wurden die Eingriffe in die Bausubstanz festgelegt.
Die historischen Konstruktionen wurden repariert und wo nötig verstärkt, wobei Fassungsreste an Deckenbalken und Säulen gesichert und erhalten bleiben konnten. Die zusätzlichen Stützenreihen, eine Reparaturmaßnahme aus den 1930iger Jahren, konnten rückgebaut werden.
Ein Großteil der bauzeitlichen Dielung fand eine Wiederverwendung in der Verkleidung der Deckenuntersichten der Ränge. Der bereits in der Barockzeit bestandene „Umgang“ mit Natursteinplatten wurde freigelegt und wo nötig ergänzt. Alle Ebenen des Zuschauerraums können jetzt, nach dem Einbau von Rampen, barrierefrei erreicht werden. Rollstuhlplätze sind im Parkett vorgesehen.
Eine Musterachse klärte frühzeitig das künftige Erscheinungsbild des Zuschauerraums. Wie in der Barockzeit musste ein repräsentatives und reich ausgeschmücktes Theater in einem relativ kleinen Raum mit geringer Höhe untergebracht werden.
Zusätzlich wurden hohe technische Anforderungen an einen modernen Theaterbetrieb gestellt. Die Idee des Barocks, durch eine optische Aufwertung und Optimierung mittels Malereien und Gestaltungselementen den Zuschauerraum größer und höher erscheinen zu lassen, wurde in der Architekturmalerei der jetzigen Raumfassung wieder aufgegriffen.
Alle technischen Einbauten wurden, soweit möglich, für den Zuschauer unsichtbar installiert.
Während der gesamten Bauzeit konnten Museumsbetrieb und die Gebäudenutzung durch die DMAN (Deutsche Management Akademie Niedersachsen) aufrecht erhalten werden.
An der Durchführung der Baumaßnahmen waren mehr als 50 Firmen beteiligt, die unter hohem Zeitdruck den Endfertigstellungstermin mit der Premiere am 12.10.2012 durch großen Arbeitseinsatz und Engagement ermöglichten.