Die Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus in Unterammergau

Bereits mit diesem ersten Projekt des Büros Bergmann wurde eine Bauweise angewendet, die sich später bei zahlreichen Instandsetzungen bewähren konnte.
Die federnde Aufhängung:

Hierbei können Federelemente so ausgebildet werden, dass bei fast gleichbleibender Kraftübertragung Relativbewegungen bis zu einer Größenordnung von mehreren Millimetern, was je nach Aufhängepunkt unterschiedlich sein kann, aufgenommen werden.

Im Folgenden wird das Gutachten vom 30.01.1990 in Auszügen zitiert:

1. Allgemeines
Risse in den Gewölben schienen es angeraten, die Kirche statisch zu untersuchen und gegebenenfalls Sanierungsmaßnahmen zu erarbeiten.

2. Baubeschreibung
Bei der Pfarrkirche in Unterammergau handelt es sich um eine einschiffige Barockkirche aus dem Jahr 1710. Das etwa 12,5 m breite und ca. 20 m lange Langhaus ist in vier Joche untergliedert und mit einem elliptisch geformten, hölzernen Spantengewölbe, auch als Bohlen-Lamellen-Gewölbe bezeichnet, nach oben abgeschlossen.

Die derzeit bestehende Kirche wurde an der selben Stelle wie die aus der romanischen Zeit stammende und in der Gotik erweiterte, jedoch nach Osten ausgerichtete Vorgängerkirche erbaut.

Bis zum Jahr 1956 besaß das Gewölbe über dem Langhaus eine zusätzliche Aufhängung im Scheitel. […] Im Zuge der 1956 vorgenommenen Umbaumaßnahmen wurden diese mittleren Aufhängungen des Spantengewölbes entfernt und durch zwei Gewölbeabhängungen (Rundstahl 5 mm mit angeschweißten Holzschrauben) ersetzt.

3. vorhandene Schäden
Wie erste Untersuchungen der Gewölbe ergaben, sind die gravierensten Gewölbeschäden über dem Langhaus feststellbar.

Das Gewölbe weist auf der Unterseite in Gewölbemitte auf eine Breite von ca. 4 bis 5 m zahlreiche Risse parallel zur Kirchenlängsachse auf. In den Gewölbeviertelspunkten kennzeichnen aufstehende Putz- und Malflächen Verformungen nach oben, auf der Gewölbeoberseite sind in diesem Bereich Risse erkennbar.

Während von der Unterseite nur Schäden in der Mörtelschicht erfaßt werden können, zeigen sich auf der Gewölbeoberseite auch Schäden an den hölzernen Gewölbespanten. Insbesondere in den Viertelspunkten der Gewölbekonstruktion, also im Bereich der größten Krümmung des Gewölbes, sind mehrere Spanten parallel zur Faserrichtung aufgespaltet.

4. zur Frage der Standsicherheit
Berechnet man die Tragkonstruktion ohne das Auflager im Gewölbescheitel, so ergeben sich […] im Bereich der großen Krümmungen deutlich größere Werte für die vorhandenen Spannungen, als im Ausgangszustand. Für die Zugspannungen quer zur Faser lassen sich Werte […] etwa dem 18-fachen der zulässigen Werte entspricht, berechnen. Vergleicht man diesen Wert mit der Bruchspannung […], so lässt sich eine Standsicherheit nicht mehr nachweisen.

5. notwendige Sanierungsmaßnahmen
Da die Konsolidierung der Gründung im Bereich der Langhauswände nicht vollständig weitere Setzungen unterbinden werden und die Tragreserven des Spantengewölbes in zahlreichen Bereichen bereits erschöpft sind, wird vorgeschlagen, das Gewölbe über dem Langhaus flächendeckend an die Fachwerkkonstruktion des Dachstuhls anzubinden. Hierzu werden die Tragspanten des Deckengewölbes mit der Dachkonstruktion verbunden.

Um zu verhindern, daß sich Bewegungen des Dachstuhls infolge Lastwechseln, z. B. bei Schnee- und/oder Windbelastung direkt auf die Gewölbekonstruktion übertragen, werden die Abhängungen federnd aufgelagert.

Landersdorf, den 30.01.1990

Im Jahr 2002 und 2004 wurde das Tragverhalten des Spantengewölbes  nochmals überprüft. Lastumlagerungen können durch den Vergleich der Höhen der Federelemente erkannt und interpretiert werden. In Unterammergau hat das Spantengewölbe offensichtlich sein Gleichgewicht (wieder) gefunden.