Die Kapelle in Streitdorf

Massive Feuchteschäden machten eine Instandsetzung der Kapelle in Streitdorf notwendig. Seit langem liegt die Wegekapelle tiefer als das Straßenniveau. Um die alljählichen Überflutungen in Zukunft zu verhindern, wurde die Kapelle um 60 cm angehoben.

Die denkmalgeschützte Kapelle in Streitdorf bei Pfaffenhofen wurde von Mai 2013 bis zur feierlichen Einweihung am 17.05.2015 umfassend instand gesetzt.

Die neugotische Kapelle in Streitdorf wurde im Jahre 1868 direkt neben der Dorfstraße als Eigentum des gegenüber liegenden Bauernanwesens neu errichtet.

Der mit dem Chor nach Westen ausgerichtete Mauerwerksbau bedeckt eine Grundfläche von ca. 7,2 m Länge und 4,8 m Breite. Der Eingang befindet sich auf der Ostseite. Darüber erhebt sich ein insgesamt ca. 9,5 m aufragender Glockengiebel. Die fensterlosen Chorwände sind im Grundriss als 3/8- Schluss angeordnet.

Das Dachwerk ist als Kehlbalkendach mit einem einfachen stehenden Stuhl in der Mittelachse ausgeführt. Die Sparren ruhen dabei auf einer auf die Zerrbalken aufgekämmten Schwelle. Von den beiden östlichen Gespärren laufen Schlaudereisen zum Giebelmauerwerk. Die Zerrbalkenlage ist an der Unterseite mit einer glatten Putzdecke auf einer Schalung versehen. Der Dachraum ist über einen eingelegten Deckel in der Flachdecke zugänglich. Zuletzt war die Satteldachfläche mit Betonpfannen und der Chorwalm mit Zinkblech eingedeckt. Im Schutt auf der Zerrbalkenlage haben sich einige historische Biberschwanzziegel mit Segmentschnitt und Wasserstrich sowie zugehörige Dachreiter erhalten.

Das Mauerwerk der Kapelle besteht aus Vollziegeln im Steinformat von ca. 32 cm Länge, 17cm Breite und 7 cm Dicke. Der Mauermörtel ist mit Kalk gebunden. Der Putz an der Außenseite wurde bei der letzten Instandsetzung als strukturierter Kalk-Zementmörtel neu aufgebracht. Am leicht vorspringenden Sockelmauerwerk ist ein Zementmörtel vorhanden. Die Putzflächen im Inneren waren mehrfach mit unterschiedlichen Materialien (Kalk, Zement, Gips) ergänzt.

Das Fundamentmauerwerk reichte bis in eine Tiefe von ca. 1,1 m unter dem Gelände. Bis in Spatentiefe konnte Kalkmörtel zwischen den Ziegelsteinen festgestellt werden. Darunter befand sich in den Fugen anstehender Boden oder eine bindemittelfreie Füllung aus Sand. Der anstehende Baugrund ist als schluffiger Ton mit weicher bis steifer Konsistenz einzustufen. Der Grundwasserstand ist vermutlich jahreszeitlich stark veränderlich und liegt etwa auf Höhe des ca. 15 m nördlich der Kapelle verlaufenden Wassergrabens.

Der Bodenbelag in der Kapelle bestand im Mittelgang und Altarraum aus wohl bauzeitlichen, quadratischen Zementplatten mit 22 cm Kantenlänge und 4,5 cm Stärke. Unter dem Gestühl ist der Boden in Holz ausgeführt.

Als Fenster wurden bei der letzten Instandsetzung einfache Eisenrahmen mit Flachglasscheiben und Drahtglas eingesetzt.

Die bauzeitliche Außentür als Rahmen-Füllungstür mit verglastem Oberlicht hat sich trotz einiger Schäden weitgehend im orginalen Zustand erhalten.

Der zuletzt mit einem Zaun und einem Betonsockel umgebene Vorplatz der Kapelle war großteils versiegelt: Über eine Betonplatte gelangte man von der asphaltierten Straße zum Eingang. Durch mehrere Baumaßnahmen wurde das heutige Straßenniveau erreicht. Der einstmals über zwei Stufen erreichbare Eingang, was etwa 35 cm über anstehendem Gelände entsprechen dürfte, lag etwa 40 cm unter dem Niveau der Straße. Die als Wegekapelle unmittelbar neben der Dorflinde gestaltete kleine Kirche hatte ihre Wahrnehmung weitgehend eingebüßt: Die mächtige Linde wurde vor einigen Jahren gefällt, die Kapelle duckte sich in eine Wiese, die erhöhte Straße war dominant. Bereits bei etwas stärkeren Regenfällen wurde das Kapelleninnere überschwemmt. Kam es zu lang anhaltenden Regengüssen, so wurde der Innenraum mit Wasser und mitgeschwemmtem Erdreich überflutet.

Der historische Bestand der Kapelle wies schwere Schäden und Mängel auf: Die Dachdeckung war im Anschluss an den Glockengiebel undicht. Das an den Giebel angrenzende Gespärre war durch Pilzbefall geschädigt. Die an der Zerrbalkenunterseite angebrachte Deckenschalung war teils zerstört. Der Deckenputz war stellenweise abgelöst oder abgestürzt. Das aufgehende Mauerwerk zeigte Risse in den Fensterachsen, im Sturzbogend er Eingangstür und an der Traufe im Chorschluss. Die Wände waren durch aufsteigende Feuchtigkeit und Salzbelastung massiv geschädigt. Sowohl an den Außenseiten als auch im Inneren waren die Putze bis nahe an die Traufe zerstört. Im Inneren waren im Sockelbereich zur Straße zahlreiche Ziegel aufgefrorenen. Eine Schadstelle war durch Porenbetonsteine mit Zementmörtel ausgeflickt. Die Feuchte-, Salz- und Frostschäden am aufgehenden Mauerwerk und an den Putzen konnten auf eine unzureichende Ableitung der Oberflächenwässer, das Fehlen von Abdichtungen und frühere unsachgemäßen Reparaturen zurückgeführt werden.
Das Fundamentmauerwerk war sehr nass und teilweise aufgefroren. Eine Mörtelbindung war in der Gründung nicht mehr vorhanden, die Steifigkeit des Mauerwerks stark reduziert. Der Baugrund ist weich und wenig tragfähig. Die Kapelle hatte sich sichtbar nach Norden geneigt. Die Schiefstellungen dürften bis zur Traufhöhe einige Zentimeter betragen. Offensichtlich hat sich die Seite zum Bachlauf hin stärker gesetzt als an der Straße. Der Fußbodenbelag war seitlich stark abgesackt. Ein Großteil der Platten war zerbrochen oder aufgefroren. Eine geregelte Wasserführung vor der Kapelle war nicht vorhanden. Die Schlammablagerungen auf dem Boden dokumentierten die wiederkehrenden Überflutungen des Kirchenraums.
Im Gestühl war ein aktiver Anobienbefall vorhanden. Die geschnitzte Altar-architektur war vielfach zerbrochen und unvollständig. Die Leinwände der Altarbilder waren beschädigt. An der gesamten hölzernen Ausstattung sowie den Altarbildern waren umfangreiche Fassungensschäden vorhanden.

Zur nachhaltigen Instandsetzung der Kapelle wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Reparatur bzw. Austausch geschädigter Holzbauteile am Dachstuhl über dem Kapellenraum und auf dem Glockengiebel
  • Erneuerung der Dacheindeckung als Biber-Doppeldeckung über dem Langhaus und dem Glockengiebel
  • Erneuerung der Dacheindeckung über dem Chor als Kupferdeckung
  • Anbringen von Dachrinnen mit Wasserspeiern
  • Mauerwerksaustausch am Wandfuß mit Einbau einer Bitumenbahn als Horizontalsperre
  • Einbau einer in den Außenwänden aufliegenden Stahlbeton-Bodenplatte
  • Taktweiser Austausch der gemauerten Fundamente gegen Beton
  • Hydraulisches Anheben des gesamten Bauwerks um 68 cm, Untermauerung der Fundamente und Verfüllung des Hohlraums unter der Bodenplatte mit schwindkompensiertem Beton
  • Rissverpressung im Mauerwerk mit Trasskalk-Suspension
  • Erneuerung bzw. Abschleifen und Überputzen Außenputz
  • Neuer Fassadenanstrich mit Silikatfarben
  • Geländemodellierung zur Verbesserung der Wasserführung
  • Neugestalung Außenanlagen mit Sitzbank und Abgrenzung zur Straße mit Pollern aus Naturstein
  • Neuanfertigung und Versetzen Eingangspodest aus Naturstein
  • Erneuerung Bodenbelag aus Zementfliesen
  • Instandsetzung und Wiedereinbau der Außentür
  • Erneuerung der Fenster als Eisenrahmen mit Verglasung aus mundgeblasenem Goetheglas
  • Erneuerung Innenputz (Kalkputz) und Anstriche an Wänden und Decken (Kalkanstrich) unter Erhaltung noch intakter Flächen
  • Schädlingsbekämpfung am Gestühl durch Begasung
  • Restaurierung und Wiedereinbau der bauzeitlichen Ausstattung

Beteiligte:

  • Bauherr: Förderverein zur Instandsetzung und Erhaltung der Streitdorfer Kapelle e.V.
  • Denkmalpflege: Landesamt für Denkmalpflege, Frau Dr. Schneider
  • Objekt- und Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
  • Restaurator Voruntersuchungen: Kirchenmaler Pfaller, Ingolstadt
  • SiGeKo: Beratungsbüro Ursula Seidel, Eching

Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:

  • Geodätisches Aufmaß
  • Objektplanung
  • Tragwerksplanung