Die evangelische Stadtkirche Bückeburg wurde im Zuge des Ausbaus der Residenzstadt unter Fürst Ernst zu Schaumburg-Holstein von 1610 bis 1615 errichtet. Während das Langhaus und der Chorabschluss noch im spätgotischen Stil gebaut sind, ist die Hauptfassade eines der bekanntesten Beispiele der Weserrenaissance mit bereits frühbarocken Elementen.
Die Instandsetzung der Hauptfassade
Die Steinoberflächen, Mörtelfugen und Eisenverklammerungen sind zwar sehr robust, doch fast 400 Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen. Eine Instandsetzung war notwendig geworden.
Als Ernst zu Schaumburg-Holstein im Jahr 1601 die Regierung des späteren Fürstentums Schaumburg übernahm, begann er sogleich, den Ort zu einem repräsentativen Herrschersitz auszubauen. Beeinflusst von seinen Studien, Italienreisen und seinen Aufenthalten am kaiserlichen Hof in Prag sollte die Residenz den damaligen Idealvorstellungen der Renaissance entsprechen. Ernst gestaltete nicht nur das Schloss als Herrschersitz, sondern auch die Stadt nach seinen Vorstellungen. Hier darf die Stadtkirche zu den wichtigsten Bauvorhaben gerechnet werden. Die Lange Straße steigt vom Schloss leicht an, sodass die Stadtkirche den triumphalen Abschluss bildet. Daher erhielt sie auch eine reich dekorierte Schauseite, gegen die der anschließende Kirchenbau eher schlicht anmutet. Die Fassade wurde nach den damals modernsten Vorgaben geplant und gestaltet. Zunächst sollte die Fassade von einem Glockenturm überragt werden. Als der Bau bereits weit fortgeschritten war, wurde dieser Plan aus technischen Gründen geändert und der heutige Glockengiebel aufgesetzt.
Auch wenn Ernst in der lateinischen Inschrift „EXEMPLUM RELIGIONIS NON STRUCTURAE“ darauf hinweist, dass die Kirche ein Zeugnis des Glaubens, nicht der Baukunst sei, wird er auf die Bauleistung mit Recht stolz gewesen sein. So signiert er das Werk mit seinem Namen in den vergoldeten Anfangsbuchstaben der Inschrift.
Die Stadtkirche wurde im Mai 1615 feierlich eingeweiht. Während das Langhaus und der Chorabschluss noch im spätgotischen Stil errichtet sind, ist die Hauptfassade eines der bekanntesten Beispiele der Weserrenaissance mit bereits frühbarocken Elementen. Eine reiche plastische Ausgestaltung erfuhr sie durch die Brüder Hans und Jonas Wolf. Ein von G. M. Nosseni gefertigtes Modell (1608) wurde offensichtlich nicht ausgeführt, war jedoch nicht ohne Einfluss auf die Gestaltung des Baus. Der geplante Glockenturm war mit den Pfeilern im ersten Joch bereits angelegt, konnte aufgrund des schlechten Baugrunds jedoch nicht ausgeführt werden.
Im Wesentlichen zeigt die Kirche heute, nach nun fast vierhundert Jahren, nahezu unverändert ihr äußeres Erscheinungsbild, wie es von Fürst Ernst entworfen und ausgeführt worden ist. Instandsetzungsarbeiten mussten immer wieder ausgeführt werden. Anfang des 19. Jahrhundert wurden die Strebepfeiler instandgesetzt. In den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das gesamte Dachwerk saniert.
Immer wieder auftretende Risse in der Westfassade und deutliche Setzungen machten eine größere Maßnahme in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts unumgänglich: die Fassade wurde mit Bohrpfählen unterfangen und der Westgiebel wurde an das Mauerwerk des Langhauses rückgeankert. Zum Einbau von Spannankern wurde die Fassade an vielen Stellen geöffnet. Zahlreiche neue Werksteine kennzeichnen diesen massiven Eingriff. Auch der gesamte Vorplatz und die Balustrade wurden damals umfassend überarbeitet.
Die Steinoberflächen, Mörtelfugen und Eisenverklammerungen sind zwar sehr robust, doch fast 400 Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen.
Die Stadtkirche in Bückeburg ist eine dreischiffige Hallenkirche zu acht Jochen mit einem 5/8 Chorabschluss. Das Dach ist ein Satteldach mit drei Walmflächen über dem Chor.
Die Glocken der Stadtkirche sind aus dem Jahr 1922 und befinden sich im Glockenstuhl hinter der Fassade im Dachwerk.
Die Stunden-Glocke ist aus dem 14. Jahrhundert und hängt seit der Erbauung der Kirche im Glockengiebel der Westfassade. Sie erklingt zu jeder vollen und Viertel- Stunde.
Zwar ist die bauzeitliche Aufhängung geschädigt, doch die spätere Ergänzung ist noch voll funktionsfähig. Eine erneute Überarbeitung der Glockenaufhängung ist deshalb nicht notwendig. Lediglich die Glockenarmaturen und der Stundenschlag werden überarbeitet.
Die Fassade der Stadtkirche ist durch die reiche plastische Bauzier aus Obernkirchener Sandstein aufwändig geschmückt.
usätzlich wurden einige Elemente farblich hervorgehoben. Dies ist einmal die Uhr als Mittelpunkt des Giebelgeschosses, die Inschrift über dem Hauptgeschoss, sowie das Wappen und die Krone, die das Portal bekrönen. Diese Farbfassungen werden von einem Restaurator untersucht und nach vorsichtiger Reinigung wieder gefestigt und retuschiert.
Die Fenster der Stadtkirche wurden in den Jahren 1875 bis 1877 im Stil der Neorenaissance geschaffen. Die Fenster des Langhauses wurden in den letzten Jahren bereits repariert und mit einer Schutzverglasung und einem Gitter versehen.
Die Fensterverglasungen der Hauptfassade werden im Zuge der Instandsetzungsarbeiten vorsichtig ausgebaut. Die Fenstergewände werden vom Steinmetz überarbeitet, gebrochene Teile werden ausgetauscht. An die Stelle der jetzigen Verglasung wird ein Schutzglas eingebaut. Die historischen Fenster werden repariert und mit etwas Abstand innen vor die Fenster gesetzt.
Die Steinmetzarbeiten sind das wichtigste Gewerk bei der Instandsetzung der Hauptfassade. Zunächst wurde die Fassade mit Heißdampf gereinigt. Danach konnten alle Bereiche der Fassade genau auf Schäden untersucht werden. Die Techniken und Möglichkeiten der Überarbeitung wurden vor Beginn der Baustelle an einer Musterachse erprobt.
Bei der Instandsetzung gilt es insbesondere, die Wasserführung an der Fassade zu verbessern. Dafür werden Oberflächen mit Restauriermörtel egalisiert und die Fugen überarbeitet. Lose Elemente werden gesichert. Ist der Stein stark geschädigt oder gar zerstört, werden die Schadstellen mit Restauriermörtel ergänzt oder mit Vierungen überarbeitet. Eisenklammern, -dollen mit großer Korrosion werden in Edelstahl erneuert.
Die Farbfassungen der Fassade im Bereich des Wappens und des Inschriftenfrieses werden konserviert und ergänzt.
Zum vierhundertjährigen Jubiläum der Stadtkirche soll die Fassade wieder in Ihrem alten Glanz erstrahlen. Die Fertigstellung der Arbeiten erfolgte im Sommer 2015.
Beteiligte:
- Bauherr: Ev.-Luth. Stadtkirchengemeinde Bückeburg
- Maßnahmenträger: Ev.-Luth. Landeskirche-Schaumburg-Lippe
- Objektplanung: Büro Bergmann GmbH
- Tragwerksplanung: Büro Bergmann GmbH
- SiGe-Planung: aad Vision 12! GmbH, Herr D’ham
- Denkmalpflege: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Frau Barthmann, Herr Recker
- Photogrammetrie: Messbildstelle GmbH, Dresden
Das Büro Bergmann führte folgende Leistungen aus:
- Vorplanung
- Objektplanung
- Tragwerksplanung
Natursteinrestaurierung
Die größten Schäden der Hauptfassade sind bei den Dachsteinen und Abdeckplatten vorhanden: Zwar ist der Oberkirchener Sandstein frostsicher, doch die Fugen zeigen immer wieder feine Risse und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Fugen ausgewaschen oder aufgefroren sind.
Die größten Schäden der Hauptfassade sind bei den Dachsteinen und Abdeckplatten vorhanden: Zwar ist der Oberkirchener Sandstein frostsicher, doch die Fugen zeigen immer wieder feine Risse und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Fugen ausgewaschen oder aufgefroren sind. Dann halten nur noch die Klammern. Nun ist wieder eine Wartung erforderlich. Dabei werden die Klammern gelöst, die Steine hinterfüllt und neu verfugt. Danach werden neue Klammern aus einem nichtrostendem Stahl geschmiedet und mit flüssigem Blei eingebaut.
Eigentlich ist der Oberkirchener ein sehr dauerhafter Sandstein: er ist frostfest und hält hohe Belastungen aus. Doch gegen den Druck von korrodierendem Eisen ist auch er machtlos. Die eingebauten Dollen, Klammern und Stäbe sind aus geschmiedetem Eisen. Kommen sie dauerhaft mit Feuchte in Kontakt, korrodiert das Eisen und die dabei entstehende Korrosionsschicht nimmt an Volumen zu. Diese Volumenvergrößerung füllt zunächst das Loch, in dem das Eisen sitzt auf, danach sprengt es den Stein. Der abgesprengte Stab zeigt die Kraft, mit der dieses Korrosionswachstum verbunden ist. Die Bruchfläche ist offensichtlich als Ganzes entstanden, der Bruch entstand wohl schlagartig. Zum Glück war zu diesem Zeitpunkt das Gerüst schon aufgebaut.
Die geschmiedete Eisenklammer wurde schon früher gegen eine Klammer aus Kupfer ausgetauscht, doch die Witterung hat den Mörtel zur Verankerung schon wieder geschädigt. Auch die Fuge unter dem Obelisk ist gelockert. Hier werden die einzelnen Steine abgenommen und mit einem neuen Mörtel wieder versetzt. Auch die Kupferklammer wird neu verankert.
1966 war die Fassade zum letzten Mal überarbeitet worden. Offensichtlich waren damals die Schäden so groß, dass man sich zum Einbau von zahlreichen Spannankern und Bewehrungseisen entschloss. Diese wurden mit einem Zement-Verpressmörtel umhüllt. Leider nicht immer mit der erforderlichen Dicke. Insbesondere an der Oberfläche entstand eine Korrosion, manchmal auch bereits erste Schäden im Stein.
Immer wieder wird der Mörtel durchfeuchtet. Bei Frost werden dann Teile abgesprengt und in der dann offenen Fuge lagern sich Staub und Dreck ab. Manchmal auch ein Samenkorn: es wächst ein kleiner Baum.
Auch Steinergänzungen altern: hier zeigen die Mörtelergänzungen, wohl auch 1966 angetragen, bereits Abwitterungen und Farbänderungen. Doch dies ist kein größeres Problem: ist die Steinergänzung noch stabil wird sie mit Silikonharzfarbe retuschiert, ist sie locker, wird der Mörtel erneuert.
Die Restaurierung der Hauptfassade der Bückeburger Stadtkirche - Norbert Bergmann
Veröffentlichung in der Festschrift zu „400 Jahre Stadtkirche in Bückeburg – Erbauung erleben“ im Mai 2015.
Die Restaurierung der Hauptfassade der Bückeburger Stadtkirche
Norbert Bergmann
Die Geschichte der Stadtkirche Bückeburg ist auch eine Geschichte der Reparaturen. Die Kirchenbücher sind voll von Schadensberichten und den oft vergeblichen Versuchen einer Finanzierung zur Behebung der Schäden. Die Stadtkirche Bückeburg war wohl schon von Anfang an so groß, dass sie von der Kirchengemeinde alleine nicht unterhalten werden konnte. Man nutzte deshalb die runden Jubiläen um Geld zu sammeln. Dies gilt bis heute. Die 400-Jahresfeier der Einweihung stand vor der Tür. Wie immer bei solch einem Anlass wurden auch in Bückeburg die Stimmen ein bisschen lauter, dass man dazu die Kirche wieder herrichten könne. Und man begann die Suche nach Gönnern. Erste Signale aus dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege waren hoffnungsvoll: Die Stadtkirche war ein nationales Kulturgut und könne somit auch aus Mitteln des Bundesbeauftragten für Medien und Kultur gefördert werden. In der Folge wurden Anträge geschrieben, Begründungen formuliert und in vielen Gesprächen die Notwendigkeit dieser Maßnahmen erklärt. Am Ende halfen dann alle zusammen: die Evang.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe, die Evang.-Luth. Kirchengemeinde Bückeburg, die Stadt Bückeburg, das Land Niedersachsen, der Bundesbeauftragte für Medien und Kultur, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Bingostiftung. Zusammen konnte dann die gesamte Bausumme von Euro 1,55 Mio. finanziert werden.
Die Stadtkirche und ihre statischen Probleme
Ursprünglich sollte mittig der Hauptfassade ein etwa 5 x 7 m großer Turm errichtet werden. Der Grundriss wurde im Bauwerk angelegt und bis zum Uhrengeschoss auch ausgeführt. Wohl im Winter 1612/13 wurde dieser Plan aufgegeben und der Entwurf der Hauptfassade angepasst. In der Literatur wurden hierzu vielfach statische Probleme mit dem weichen Untergrund angegeben. Der Entschluss auf einen Turm zu verzichten kam wohl nicht ganz freiwillig: offensichtlich waren das Bauwerk und seine Fundamente nicht ausreichend standfest. Beim Bau traten mit zunehmender Höhe immer größere Deformationen auf. Ganze Bauteile hatten sich verschoben. Man verzichtete nicht nur auf den Turm, sondern passte auch die Bautechnik an: während im unteren Teil das Mauerwerk mit großen Werksteinen im Verband gemauert wurde und nur einzelne Steine eine zusätzliche Verklammerung erhielten, sind im oberen Teil ab der Traufe deutlich mehr Klammern eingebaut worden. Beim Glockengiebel und unterhalb der Balustrade wurden sogar über die Breite des Mauerwerks durchgängige Anker eingebaut. Der Baumeister musste den Verband des Mauerwerks zusätzlich stabilisieren. Die Klammern wurden aus Eisen geschmiedet. In beide zu verbindenden Werksteine wurden etwa 5 cm tiefe Löcher ausgenommen, die Klammern eingefügt und mit flüssigem Blei vergossen. Blei behindert die Korrosion des Eisens dauerhaft. Der Bügel der Klammer wurde jedoch nicht mit Blei vergossen sondern nur in den Setzmörtel eingebettet. Dort, insbesondere wenn die Fuge offen war, entsteht Korrosion. Dabei wird Eisen in Eisenoxid umgewandelt. Es kommt zu einer oberflächigen Materialzerstörung und mit zunehmender Korrosion sogar zu einer Zerstörung ganzer Eisenteile. Die Veränderung des Eisens zu Eisenoxid ist verbunden mit einer Volumenvergrößerung. Sitzen die Eisenteile in einem Stein, so erzeugt diese Volumenvergrößerung einen Druck und der Stein wird langsam aber stetig gesprengt. In der Folge wird also nicht nur das Gefüge des einzelnen Steins, sondern auch die Eisen-Stein-Verbindung des Mauerwerks, also des gesamten Mauerwerksverbandes versagen.
400 Jahre andauernde Korrosion haben sichtbar Schäden verursacht. Viele in der Ansicht des Steins erkennbaren Risse in der rechten oder linken oberen Ecke waren kennzeichnend für eine dahinter liegende korrodierte Klammer und der durch den Korrosionssprengdruck abgeplatzten Steinecke. Teile der bauzeitlichen Anker waren sogar durchgerostet und wohl Anlass bei der 1966 stattgefundenen sehr umfangreichen statisch-konstruktiven Instandsetzung der Westfassade. Offensichtlich war den Ingenieuren damals neben der instabilen Fundamentierung auch die umfassende Verformung der Hauptfassade mit den einhergehenden Schäden am Mauerwerksgefüge aufgefallen. Sie hatten zur Behinderung weiterer Verformungen die Fassade mit einer Vielzahl von längslaufenden Ankern und querlaufenden Nadeln stabilisiert. Hierzu wurde das Mauerwerk durchbohrt, Betonstahl mit einem Durchmesser von 30 bzw. 20 mm eingelegt und die Bohrungen mit einer Zementsuspension verpresst. Diese Technik erzeugte im Nachhinein ein bewehrtes Mauerwerk. Leider nur mit einer bedingten Lebensdauer. Auch der 1966 eingebaute Betonstahl ist korrosionsanfällig. Kann das alkalische Milieu der Zementumhüllung nicht aufrechterhalten werden oder war baubedingt gar nicht vorhanden, so beginnt der Betonstahl zu rosten und erzeugt die gleichen Probleme wie die bauzeitlichen Klammern. Erste Anzeichen einer Korrosion der Nadeln und einer dadurch verursachten Sprengung des Steins waren schon vorhanden.
Die Planung
Zur Vorbereitung der Maßnahmen wurde im Sommer 2012 ein Teil der Hauptfassade eingerüstet und Spezialisten hatten die Möglichkeit das Mauerwerk und seine Schäden umfassend in Augenschein zu nehmen. Dabei kam man zu folgenden Erkenntnissen:
– Das Mauerwerk und die Bauzier stammt zum überwiegenden Teil aus der Erbauungsphase. Es handelt sich um Obernkirchener Sandstein. Verwendet wurde bauzeitlich ein sehr heller Kalkmörtel mit einem groben Zuschlag. Der bauzeitliche Kalkmörtel war fest, hatte aber einen sehr geringen Bohrwiderstand. Offensichtlich waren keine hydraulisch erhärtende Bindemittel verwendet worden.
– Die Verfugung war großflächig geschädigt, im unteren Teil der Fassade wohl etwas geringer. Der bauzeitliche Fugenmörtel war im unteren Teil zwar etwas zurückgewittert aber immer noch fast vollständig erhalten. Im oberen Teil dagegen war der bauzeitliche Mörtel nur noch in der Tiefe des Mauerwerks vorhanden, die Fugen waren großflächig erneuert worden. Der dabei verwendete Fugenmörtel hat eine höhere Festigkeit als der Obernkirchener Sandstein.
– Das Mauerwerk zeigte zahlreiche Risse und Abplatzungen in den Werksteinen. Das Mauerwerk wurde mehrfach überarbeitet. Das Mauerwerk wurde zusätzlich geklammert. Dabei wurden neben den Eisenklammern auch Kupferklammern verwendet. Die Anwendung eines Metalldetektors (Profometer) ergab keine Hinweise auf tiefer liegende Klammern. Letzteres mussten wir im Rahmen der Instandsetzung jedoch deutlich korrigieren: Die Fassade war umfassend, also weit mehr als üblich und zu erwarten verklammert. Der verwendete Metalldetektor reichte offensichtlich nicht bis zur Tiefe der eingebauten Klammern.
– Zur Reprofilierung der Bauzier wurden bei der jüngsten Instandsetzung zwei unterschiedliche Steinersatzmassen verwendet, auch mit Kunststoffteilen.
– Die Fassade wurde großflächig hydrophobiert, einen Hinweis auf eine Festigung mit Wasserglas gab es nicht, auch eine Verfestigungen durch Gipsanreicherungen war nicht nachweisbar.
– Die Hauptfassade zeigte keine Schäden, die auf eine weitere Deformation des Mauerwerks oder auf weitere Setzungen hinwies.
Die Nachgründung der Hauptfassade, die statische Ertüchtigung des aufgehenden Mauerwerks durch Einbau von Spannankern und die Stabilisierung der Gewölbe im Anschluss an die Hauptfassade nach den Ideen von Herrn Dipl.-Ing. Ewald Günther im Jahr 1965/1966 sowie die Instandsetzung des Dachwerks, zusätzliche Sicherungen des aufgehenden Mauerwerks und der Gewölbe nach den Plänen des Büros Brüggemann, Braunschweig im Jahr 1986 waren offensichtlich in der Lage die Hauptfassade zu stabilisieren. Bei den weiteren Planungen zur Vorbereitung der Instandsetzung der Hauptfassade wurden deshalb zusätzliche statisch-konstruktive Maßnahmen nicht berücksichtigt.
Zur Definition der erforderlichen restauratorischen Maßnahmen wurde im Jahr 2013 zusammen mit der Firma Wennemer aus Münster an Hand einer Musterachse die Arbeitsweise und die erforderlichen Einzelmaßnahmen erarbeitet. Dies erfolgte in zwei Bereichen: im Zinnenfries mit Schriftband oberhalb des südlichen Fensters wurden Risse gefüllt, Schalen gesichert, Flanken zu Abplatzungen angeböscht, Fugen erneuert und frei liegende Eisenteile konserviert. Im oberen südlichen Teil des Hauptportals wurde insbesondere der Taubenkot entfernt, die dadurch eingetretenen Schäden behoben und die Bauzier gereinigt, durch Antragungen ergänzt und retuschiert. Die Musterachse diente auch zur Überprüfung des Aufwandes und zur Konkretisierung der Kosten.
Am Ende der Vorplanung und der Musterachse wurden die Aufgaben zur Instandsetzung der Hauptfassade definiert:
– Wiederherstellen des Mauerwerksgefüges, insbesondere im Bereich der korrodierten Eisenteile, nachhaltiger Korrosionsschutz, Verbesserung der Wasserführung
– Restaurieren der Oberflächen und der Bauzier
– Restaurieren der Glasfenster und Einbau der Schutzverglasung.
Ausschreibung und Vergabe
Öffentliche Gelder müssen wirtschaftlich und transparent ausgegeben werden. Hierzu gibt es einschlägige Vorschriften. Die Einhaltung der Verdingungsordnung für die Vergabe von Bauleistungen (VOB) und des Vergabehandbuchs der öffentlichen Verwaltung sind Pflicht. Nicht, dass damit etwas schwieriger oder gar nicht möglich sei, nein nur es dauert einfach ein bisschen länger bis man mit den Bauarbeiten anfangen kann als bei einem Privatmann, der mit eigenem Geld bauen oder restaurieren kann. Bei der Instandsetzung der Hauptfassade ging es aber trotzdem sehr schnell. Während nämlich die Zusagen auf die Finanzierung noch auf sich warten ließen, konnten alle Beteiligten ihre Planungsaufgaben erledigen, abstimmen und die Ausschreibungen vorbereiten. Die Leistungsbeschreibungen lagen quasi in der Schublade, als die letzte noch ausstehende Zusage aus Berlin eintraf und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege die Erlaubnis für den vorgezogenen Maßnahmebeginn erteilte.
Die Instandsetzung der Hauptfassade der Stadtkirche in Bückeburg ist eine Sache der Spezialisten. Doch welche Firma hat Erfahrung mit einem so bedeutenden Baudenkmal und die entsprechenden Fachleute, um sowohl handwerklich ein Mauerwerk zu reparieren als auch die Bauzier zu restaurieren? Eine so bedeutende Fassade der Weserrenaissance steht ja schließlich nicht jeden Tag zur Bearbeitung an. In Anzeigen und den einschlägigen Internetseiten wurde die Instandsetzung angekündigt und aufgefordert sich zu bewerben. 12 Firmen hatten sich gemeldet, davon wurden in einer gemeinsamen Abstimmung unter allen Beteiligten 9 Firmen ausgewählt und an diese das Leistungsverzeichnis verschickt. 8 Firmen haben ein Angebot abgegeben.
Von der Schwierigkeit einer Ausschreibung ohne vollständige Planung – vom Teil zum Ganzen
Wir hatten die Wahl: entweder wir rüsten die ganze Hauptfassade ein und können schulbuchmäßig das Mauerwerk untersuchen, analysieren und jede einzelne Maßnahmen beschreiben oder aber wir machen nur einen Teil, pars pro toto und hoffen, dass die Erfahrungen aus der Musterachse ausreichen um die ganze Fassade realistisch abzubilden. Ersteres bedeutet die ganze Fassade einzurüsten und damit erst einmal 150.000,- Euro zu investieren. Wenn dann die Finanzierung nicht rechtzeitig gelänge, müsste man das Gerüst wieder abbauen und die Kosten als Erfahrung abbuchen. Oder wir machen eine Musterachse, also die Untersuchung eines Teils. Dann käme man mit einem Bruchteil der Gerüstkosten aus, hätte allerdings den Nachteil, dass so eine Musterachse aber auch nur einen Bruchteil an Erkenntnissen bringen könne. Es gab aber auch einen zweiten Aspekt: beschreibt man Leistungen um darauf einen Vertrag mit der Baufirma abzuschließen, so wäre im ersteren ein wohl ziemlich umfassender Vertrag möglich, bei letzterem jedoch nur ansatzweise der Gesamtumfang vertraglich festzulegen, zumal die VOB nur das ausschreiben lässt, was eindeutig beschreibbar sei. Wir hatten die Wahl: entweder vollständiger Vertrag mit dem Risiko einer eventuell notwendigen 2. vollständigen Einrüstung oder einen Vertrag mit Ergänzungen im Fortschritt mit den Erkenntnissen der Baustelle. Wir wählten den zweiten Weg.
Doch wo bleibt da die Kostensicherheit, die Gewissheit, dass das vorhandene Geld ausreicht um die vorgesehene Maßnahme zu einem guten Abschluss kommen kann? Kosten, Termine, Qualität gelten als notwendige betriebswirtschaftliche Grundlage für ein erfolgreiches Projekt. Selbstverständlich gelten diese auch für jedes Bauprojekt, insbesondere für die Restaurierung eines bedeutenden Baudenkmals. Eine vollständige Einrüstung zumal ohne sichere Finanzierung der Baumaßnahmen war jedoch ein zu hohes Risiko, zumal die dadurch gewonnenen Erkenntnisse zu Bautätigkeiten führen würden, die notwendig seien, also sowieso angefallen wären. Der Vorteil der Gesamteinrüstung war offensichtlich nur ein zeitlicher.
Die Baustelle
Mit dem Aufbau des Gerüstes ab dem 14. November 2013 begann die Baustelle. Die Firma Das Höhenwerk aus Paderborn baute das Gerüst so rasch, dass die Steinmetze bereits am 09. Dezember 2013 ihre Arbeiten aufnehmen konnten. Die Einrüstung erfolgte mit einem sog. Modulgerüst, das zum einen eine Einrüstung bis in große Höhen erlaubt und andererseits auch unproblematisch umgebaut und angepasst werden konnte, z. B. wenn die Steinmetze zusätzlichen Platz für ihre Reparaturen benötigten. Für den Transport von Material und Handwerker befand sich im nördlichen Teil des Gerüstes ein Aufzug. Ein Zwischenpodest in Höhe des Inschriftenfrieses erlaubte eine zusätzliche Lagerung von Material und Werkzeugen auf halber Höhe.
Zunächst wurde die gesamte Fassade mit warmem Wasser und Hochdruck gereinigt. Darauf folgte die exakte Untersuchung des Mauerwerks, der Bauzier und der Dachanschlüsse sowie der sonstigen konstruktiven Besonderheiten (Glockenschlag, Zugangsleiter, Ausstieg). Danach begann die Suche nach den tragenden Metallteilen, sowohl der Klammern, Dollen und Anker aus der Bauzeit, als auch der im Zuge der Instandsetzung 1966 eingebauten Anker und Nadeln. Hierbei wurden auch alle geschädigten Fugen entfernt und gelockerte Steine gesichert bzw. aufgenommen. Die Ergebnisse wurden in das photogrammetrische Aufmaß eingetragen und mit Hilfe einer Software zur Schadenskartierung (metigo-map) ausgewertet.
Beim Uhrengiebel waren wohl die größten konstruktiven Defizite im Mauerwerk. Nahezu alle Fugen waren offen und durch nachträgliche Verfugungen nur an den Oberflächen wieder geschlossen worden. Dahinter lagen die Steine nur noch auf einzelnen Mörtelresten. Die bauzeitlichen Anker waren in Mörtel gesetzt, dieser war jedoch stark durchfeuchtet und besaß keine Festigkeit. Die Anker besitzen außen ein senkrechtes Lastverteileisen in einem geschmiedeten Auge. Die Ankerstange ist mit einem Bolzen mit dem Eichenbalken der Glockenaufhängung verbunden. Die Verankerung erfolgt wechselseitig. Die Anker zeigen nur geringe Korrosionen. Der Eichenbalken zeigt keine besonderen Schäden. Die lastverteilenden Werksteine zur Verankerung der Lastverteileisen waren gebrochen. Zur statisch-konstruktiven Sicherung des Uhrengiebels wurde das Mauerwerk vollständig hinterfüllt und die Zuganker erhielten beidseitig je 2 querlaufende Spannanker (M16 in einer Bohrung 30 mm) mit außenliegender Verankerung. Die Spannanker wurden mit Hydraulik angespannt. Zuvor wurde der Bohrkanal mit einer Kalktrasssuspension verpresst. Die Glocke konnte in ihrer Lage belassen werden.
Alle 108 Köpfe der 1965 eingebauten Spannanker und Nadeln wurden freigelegt: nahezu alle Ankerköpfe waren korrodiert, zum Teil war der Werkstein durch Korrosionssprengdruck bereits zerstört. Zur weiteren Untersuchung der Korrosion wurde an zwei Stellen versucht, die Vernadelungen der Maßnahme von 1965 mittels Kernbohrungen vollständig auszubauen. Die Kernbohrungen wurden als Trockenbohrungen Ø 76 mm mit Luftspülung ausgeführt. Der Bohrfortschritt war sehr gering. Die Bohrrichtung musste wiederholt korrigiert werden, da die Anker offensichtlich geknickt eingebaut wurden. Dabei wurden die Stahlnadeln mehrfach angeschnitten. Nur eine Nadel konnte vollständig ausgebaut werden. Demnach konnte festgestellt werden, dass die Nadeln zwar zum Teil erhebliche Korrosionsschäden aufweisen, die Korrosion und deren Folgeschäden aber offensichtlich nur auf die ersten Dezimeter beschränkt sind. Nachdem der Ausbau der Nadeln und Anker nur mit einem sehr hohen Aufwand realisiert hätte werden können, entschloss man sich die Anker in situ zu belassen, jedoch alle Köpfe bis in eine Tiefe von 20 cm aufzubohren. Die Löcher wurden anschließend mit Zementmörtel geschlossen und der verbleibende Hohlraum mit einer Zementsuspension geschlossen.
Die geschädigten Steine im Bereich korrodierter Klammern wurden abgenommen bzw. ausgebaut. War die Klammer durch die Korrosion bereits zerstört, wurde diese vollständig entfernt. Als Ersatz wurde meist eine sog. Nadel eingebaut, also Gewindestangen aus nichtrostendem Stahl (Werkstoff-Nr. 1.4401) mit einem Durchmesser von 8 bis 12 mm und einer Länge von 30 bis 50 cm. Diese wurden mit einem sulfatbeständigen Zement oder auch mit einem Epoxidharzmörtel verpresst. Lag die Klammer an der Oberfläche, so wurde sie erneuert: nichtrostender Flachstahl, Verankerung mit flüssigem Blei in historischer Technik. Der Zutritt von Feuchtigkeit sollte künftig so gering als möglich sein. Hierzu wurden alle Mauerwerksfugen untersucht: war eine Mörtelfuge an einer Flanke abgelöst, war der Mörtel an der Oberfläche porös oder aber drohte der Fugmörtel als Ganzes abzufallen, wurde der Fugmörtel bis auf den bauzeitlichen Setzmörtel oder den bauzeitlichen Fugmörtel rückgearbeitet und mit einem neuen Trasskalk-Fugmörtel wieder geschlossen. Horizontale Gesimsoberflächen wurden mit einer Mörtelschicht angeböscht, so dass das Regenwasser schneller ablaufen konnte. Das große Gesimsband unterhalb des Uhrengiebels erhielt eine zusätzliche Bleiabdeckung. Die Dachanschlüsse, bisher mit einer sog. Kappleiste und Silikonfuge, wurden gegen ein eingeschnittenes und mit Bleiwolle verdämmtes Überhangprofil erneuert. Hierzu wurde die erste Blechschar der Dachdeckung erneuert.
Am Beispiel der Muschel soll die vorsichtige Arbeitsweise der Baustelle erzählt werden: Als Zier des Zifferblattes hatte der Baumeister in den Ecken je eine Muschel angeordnet. Diese war vollplastisch gearbeitet und nachträglich mit einer sog. Dolle, also einem quadratisch geschmiedeten Eisenstab mit der Fassade verankert worden. Eine Korrosion dieser Dolle hätte die Muschel gespalten und die Teile wären auf den Vorplatz gestürzt. Zur Untersuchung der Korrosion sollte eine der vier Muscheln abgenommen werden, möglichst ohne zusätzlichen Schaden. Wir entschlossen uns deshalb, die Dolle abzusägen. Doch leichter gesagt als getan. In einem ersten Versuch sollte in dem nur wenige Millimeter breiten Spalt zwischen Muschel und Fassade ein Elektrofuchsschwanz eingesetzt werden, doch das Metallsägeblatt war zu kurz. Also wurde ein Stück angeschweisst. Doch die Schweissung brach auseinander. Als nächstes Werkzeug wollten wir eine Seilsäge einsetzen, doch der Mörtel machte das Seil stumpf. Dann folgte eine gekröpfte Handsäge für Metalle. Auch dieser Versuch schlug fehl. Die Dolle wollte offensichtlich nicht geschnitten werden. Also entschieden wir uns doch die Muschel zu öffnen: ganz vorsichtig wurde die Muschel im Bereich der Dolle mit einem Kernbohrer geöffnet, in mehreren Schritten. Am Ende hatte das Loch einen Durchmesser von 50 Millimeter und die Muschel konnte als Ganzes abgenommen werden. Und wir hatten doppeltes Glück: nicht nur die Muschel war vollständig intakt auch die Dolle zeigte nahezu keine Korrosion. Die Muscheln waren also nicht absturzgefährdet. Die Dolle wurde mit einer Korrosionsschutzfarbe gestrichen und die Muschel mit einem Zementmörtel wieder versetzt. Die Form der Muschel im Bereich der Bohrung wurde mit einem Antragsmörtel wiederhergestellt und danach vergoldet. Nun glänzt sie wieder, die Muschel im linken oberen Eck.
Die offenen Fugen und die Hohlräume wurden verfüllt. Hierzu verwendete man einen Trasskalkverpressmörtel mit einem Zuschlag von 0 bis 3 mm. Dessen Druckfestigkeit war mit etwa 5 N/mm² eher mit dem historischen Mörtel verträglich als der auch erprobte Trasszementmörtel. Damit der Mörtel auch in die tiefer liegenden Hohlräume transportiert werden konnte, wurde der Mörtel unter Druck eingebaut, also verpresst. Hierzu wurde der im Werk fertig gemischte Trockenmörtel mit der entsprechenden Menge Wasser versetzt, gemischt und mit einer Pumpe in einen Schlauch gedrückt. Dieser war zuvor in das Mauerwerk eingebaut worden und reichte bis in die hinterste Ecke des jeweiligen Hohlraums bzw. Spalts. Der unter Druck eingebaute Mörtel füllte nun den Hohlraum von hinten nach vorne. Damit er nicht unkontrolliert nach vorne auslaufen konnte, wurden die Fugen zuvor geschlossen. Im Ergebnis wurde das gesamte Mauerwerk vollständig verfüllt.
Zur Verbesserung der Entwässerung der oberen Plattform war die Überarbeitung der Rinne und der Einbau zusätzlicher Wasserabläufe erforderlich. Ein Teil der Balustrade war gebrochen und wurde erneuert. Die eisernen Rückankerungen der Balustrade wurden ausgewechselt. Eine zusätzliche Abdichtung der Bodensteine der Balustrade war zwar vorgesehen, konnte aber entfallen. Stattdessen wurden nur die Fugen mit einem Acrylat getränkt.
Das mittlere Fenster zeigt seit der Bauzeit Defizite. Hier hatten sich Brüstungssteine verschoben, aber auch die Stäbe des Fensterwerks. In Folge kam es zu Abplatzungen der Kanten zwischen den einzelnen Werksteinen aber auch zu Brüchen in der Stäben und im Fenstergewände. Die gebrochenen Teile der Stäbe und das untere Querstück wurden ausgetauscht. Zur Entlastung der Stäbe wurden die beiden Kragsteine des oberen Fenstergewändes in das Mauerwerk rückgeankert. Die obere Lasteinleitung erfolgte über einen Querdorn mit eingeschnittenem Gewinde, in dem die Anker mit ihrem Gewinde aufgenommen wurden.
Restaurierung der Oberflächen und der Bauzier
Anlass der umfassenden Instandsetzung der Hauptfassade waren zwar die statisch-konstruktiven Defizite, doch der Zustand der Bauplastik mit seinen Verschmutzungen, seiner Verwitterung und seinen Rissen, bzw. Abplatzungen zeigte doch einen erheblichen Handlungsbedarf. Insbesondere die Ergänzungen mit Mörtel der letzten beiden Instandsetzungen waren sehr unterschiedlich gealtert: zum Teil waren sie vollständig intakt, zum Teil aber auch so weit gelockert, dass sie abzufallen drohten oder gar schon abgefallen waren.
Die Restaurierung der Fassadenoberflächen erfolgte im Anschluss an die statisch-konstruktive Sicherung des Mauerwerks. Ziel war die Wiederherstellung der Wahrnehmung der Architektur und deren wesentlichen Elementen. Damit konnten sich die Maßnahmen auf die Konturen beschränken. Eine flächige Überarbeitung war nicht erforderlich. Zur Steinergänzung wurde Remmers SK-Mörtel verwendet.
Die Hauptfassade zeigt im unteren Teil noch das bauzeitliche Fugenbild, zwar etwas zurückgewittert aber immer noch fast vollständig und intakt. Verwendet wurde bauzeitlich ein sehr heller Kalkmörtel mit einem feinen Zuschlag. Im oberen Teil dagegen waren die bauzeitlichen Mörtel nur in der Tiefe des Mauerwerks vorhanden, die Fugen waren großflächig erneuert worden. Zum Teil mit einem graubraunen Romanzement, aber auch mit einem grauen (wohl Portland) Zement. Die bauzeitlichen Fugen wurden nicht rückgearbeitet um die erforderliche Tiefe für eine fachgerechte Verfugung herzustellen. Stattdessen wurde zur Egalisierung der Fuge nur in Fehlstellen ein neuer Fugmörtel angetragen. Dadurch entsteht eine tiefliegende Fuge, die den Zustand der Abwitterung bewahrt. Das Absanden oder auch das Abfallen kleinerer Fugmörtel wurde in Kauf genommen. Zur Anpassung starker Helligkeitsunterschiede zwischen freigelegter bauzeitlicher Fuge und verwitterter Steinoberfläche wurden die Ablagerungen mittels Stahlbürste reduziert.
Alle geschädigten, also nicht mehr fest an den Flanken haftenden Fugen wurden rückgebaut und mit einem Trasskalk-Fugmörtel erneuert.
Neue Steine oder Vierungen wurden nur bei sehr unterschiedlichen Oberflächen farblich retuschiert, ansonsten so belassen. Sichtbare Schwärzungen der Steine im Bereich der hellen bauzeitlichen Fuge wurden mechanisch reduziert. Zur Anpassung älterer Antragungen und/oder bei einem sehr starken Kontrast zwischen älteren und neueren Reparaturen wurde Silikonharzfarbe verwendet. Diese wurde mit Schwamm getupft.
Die Reinigung mit warmen Wasser und Hochdruck beschränkte sich zunächst nur auf das Entfernen von locker anhaftenden Verschmutzungen nicht jedoch auf die mit der Steinoberfläche fest verbundenen Ablagerungen und Krusten. Diese verblieben als Teil des Alterungsprozesses. Die bauzeitliche Bearbeitung des Portals und der vier Pilaster war deutlich aufwändiger, als die Bearbeitung der Wände und der Architekturgliederung. Um deren steinmetzmäßige und restauratorische Bearbeitung abschließend definieren zu können, wurden diese zusätzlich mit einem Partikelstrahlverfahren gereinigt. Zum Einsatz kamen Calcite bei einem Arbeitsdruck von 1,5 bar und einem Düsenabstand von ca. 20 cm. Dabei wurden die Oberflächen nicht vollflächig überarbeitet sondern nur die dunklen Krusten / Schwärzungen gedünnt. In kleineren Flächen wurde die Reinigung mit einem Mikrostrahlgerät ausgeführt. Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags gab es noch keine verbindlich abgeschlossene Restaurierung des Portals, deshalb kann hier nur der Hinweis auf die beabsichtigten Maßnahmen angefügt werden. Das Portal wurde von den Steinmetzen und den Bildhauern auf Sicht gearbeitet. Die Details waren für eine Betrachtung aus unmittelbarer Nähe ausgeführt. Dies trifft insbesondere auf den figürlichen Schmuck zu. Die Antragungen und nachträglichen Retuschen werden sich hier an der figürlich stark plastischen Ausarbeitung der Bauzier orientieren. Die Oberflächen werden größtmöglich vergleichmäßigt werden, also mit einem höheren Aufwand an Reinigung und Retusche als an der übrigen Fassade, so dass die Plastizität des Portals als Ganzes wieder wahrgenommen werden kann.
Farbigkeit
Die Hauptfassade zeigt neben seinem gegliederten Mauerwerk drei die Fassade wesentlich prägende Schmuckelemente:
– die Uhr mit ihrem etwa 3,5 x 3,5 m großen Ziffernblatt. Uhr: die Rücklage ist schwarz gefast, die erhabenen Profile, Ziffern sowie der Uhrzeiger sind Ölvergoldet
– der über die gesamte Giebelbreite reichende Inschriftenfries mit schwarzen und ölvergoldeten Buchstaben
– das fürstliche Wappen als Bekrönung des Portals in den Farben der Heraldik, zum Teil in Ölvergoldung.
Dieser Bauschmuck war wohl dem Erbauer und Stifter wesentlich. Er war zum Teil schon im aufgehenden Mauerwerk angelegt, große Teile wurden aber erst nachträglich angefügt. Dies gilt insbesondere für das Portal. Beim Anfügen des Portals wurden Teile des mittleren Fensters verdeckt und wurden zugemauert. Alle drei Schmuckelemente waren farblich gefast. Ob dies bereits bauzeitlich erfolgte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Restauratorische Untersuchungen durch Frau Dipl.-Rest. Carla Leupold ergaben folgenden Befund: die letzte Fassung vor der Restaurierung stammt aus der Reparaturphase um 1965. Darunter liegt die Fassung von 1870. Ältere Fassungsreste gibt es noch im Bereich des Wappens und der Krone. Die letzte Fassung vor der Restaurierung der Uhr weicht deutlich von der Fassung von 1870 ab. Die nun ausgeführte Farbigkeit orientiert sich an der letzten gemeinsamen Fassung von 1870. Die Farbigkeit des 1965 neugestalteten Zifferblattes wurde aufgegeben. Die Neufassung des Wappens orientiert sich an der ersten historisch belegten Farbigkeit des Fürstenwappens. Die Farbfassungen wurden durch die Dipl.-Rest. Larissa Piepo und ihren Mitarbeiterinnen erneuert. Die alten Fassungen wurden konserviert und liegen nun darunter.
Restaurierung Glasfenster, Einbau Schutzverglasung
Die heute in der Stadtkirche vorhandene Verglasung ist wohl die dritte seit der Erbauung. Sie wurde 1875 bis 1877 nach Entwürfen von Professor Müller, Düsseldorf angefertigt und ersetzte eine Verglasung mit Holzfenstern, diese wiederum war die Nachfolge der bauzeitlichen Bleiverglasung. Zur Instandsetzung der Fenstergewände, der Stäbe und Teile der Maßwerke im mittleren Fenster musste die Verglasung ausgebaut werden. Dadurch bot sich die Gelegenheit, die Fenster umfassend in der Werkstatt zu restaurieren und eine zusätzliche Schutzverglasung einzubauen um künftigen Schäden nachhaltig vorzubeugen. Die Schutzverglasung kommt an die Stelle der Fenster und wird ebenso wie das Glas zuvor an den Windeisen befestigt mit Mörtel in die Falze abgedichtet. Zur Verbesserung der Stabilität wird die Schutzverglasung als Verbundsicherheitsglas ausgeführt. Die restaurierten Fenster erhalten neben ihrem Bleigefüge einen zusätzlichen Rahmen mit Messingprofilen und werden innen vor der Schutzverglasung befestigt, allseitig nicht mit dem Bauwerk verbunden, so dass ein Luftaustausch stattfinden kann. Auf Empfehlung der Glasmalerei Peters aus Paderborn werden die einzelnen Scheiben der Schutzverglasung zusätzlich gestaltet: die Scheiben werden im Ofen soweit erwärmt, dass sich die zuvor planen Glasoberflächen entsprechend einem vorgegebenen Muster deformieren. Es entsteht ein sog. Senkglas. Für die Hauptfassade wurde die Absenkung der Scheiben im Rhythmus der vorhanden Windeisen erzeugt, zusätzlich mit einer unregelmäßigen leichten Punktierung.
Die Beteiligten
Erfolg hat viele Väter: Zunächst der Bauherr und seine Geldgeber, dann die Handwerker und Restauratoren und natürlich alle an der Planung Beteiligten.
Eigenes Geld besitzt der Bauherr nur verwaltend über die Kirchensteuer und deren zweckgebundene Möglichkeiten. Und diese Finanzmittel sind beschränkt. Eine umfassende Instandsetzung der Hauptfassade ist damit nicht möglich. Der Bauherr darf sich also weitere Geldgeber suchen. Das klingt zunächst sehr souverän, doch wie funktioniert so ein Geldgeber? Ist er privat, dann wird er sich wohl auch persönlich mit der Kirche verbunden fühlen. Es bedarf dann sehr vieler Gespräche um Spenden einzuwerben. Der Kreis der möglichen Spender dürfte in Bückeburg und seiner nächsten Nähe nur begrenzt zur Verfügung stehen. Also muss man öffentliche Geldgeber suchen. Welche Institution hat also Interesse an der Erhaltung der Stadtkirche in Bückeburg? Wohl alle, die sich in der Denkmalpflege engagieren und in der Stadtkirche ein bedeutendes die Stadt Bückburg prägendes Baudenkmal sehen, dessen Erhalt unbedingt zu fördern sei. Gelingt es die Anträge mit fachlich objektiven Vorteilen auszustatten, dann wächst die Chance auf eine Genehmigung. Hier hat sicherlich geholfen, dass die Stadtkirche Bückeburg ein national bedeutendes Kulturgut ist und somit das öffentliche Interesse an einer Erhaltung sich nicht auf den Landkreis Schaumburg-Lippe oder die Landeskirche Schaumburg-Lippe sowie das Land Niedersachsen beschränken lässt. Seine nationale Bedeutung öffnete auch den Weg zu den Fördermöglichkeiten des Bundes. Dass man für die Werbung um öffentliche Zuschüsse politische und gesellschaftliche Kontakte pflegt, ist zwar nicht Bedingung aber hilfreich allemal. Und der Weg war erfolgreich.
Steinmetze sind einer sehr langen Tradition verpflichtet. Es ist eines der ältesten Handwerke und hat sich in vielen Teilen bis in unsere heutige Zeit erhalten. Sieht man von der maschinellen Verarbeitung von Naturstein ab, kann der Steinmetz noch heute mit zum Teil archaischen Werkzeugen überragende Bauwerke schaffen. Er verfügt über ein Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Bisweilen sogar in Zünften und ohne Beteiligung von Außenstehenden. Ein Kirchenbau war dabei die Spitze des Könnens. Hier konnten die Baumeister wirklich zeigen, was sie theoretisch und praktisch vermochten. Die Stadtkirche in Bückeburg ist zwar keine gotische Kathedrale, aber als dreischiffige Hallenkirche mit einer Scheitelhöhe von ca. 16 m über einer Grundfläche von etwa 48,40 m Gesamtlänge und einer Breite von 21,90 m doch ein sehr beachtlicher Raum. Dass die Baumeister über viel Erfahrung verfügten wird allein schon durch die Art der Konstruktion augenfällig: gegründet auf einer weichen Lehmschicht konnte das Mauerwerk nur aufgeführt werden, wenn man es mit einer Vielzahl von Klammern zugfest miteinander verbindet. Strebepfeiler und die räumliche Aussteifung durch das Dachwerk sollten das gesamte Bauwerk zusätzlich stabilisieren. Der Bau eines Turmes war aber dann doch zu wagemutig, zumal die Fassade mit zunehmender Höhe wohl in Bewegung geraten war. Für die Instandsetzung eines von Steinmetzen gebauten Gebäudes wäre deshalb ein Steinmetz ideal. Für die Ausschreibung der Arbeiten kamen deshalb nur solche Firmen in Frage, die sowohl als Steinmetz und Steinrestauratoren arbeiten als auch vergleichbare Gebäude mit Erfolg instand gesetzt hatten. Eine regionale Beschränkung erfolgte nicht.
Den Auftrag erhielt die Firma Hans Kaufhold aus Hannover. Seit der Gründung des Unternehmens im Jahre 1925 beschäftigt sich das Unternehmen Kaufhold – mittlerweile in der dritten Generation – mit Naturstein. Hier verbindet sich traditionsreiche Handwerkskunst mit moderner Technologie und hohem Ausbildungsstand. Zum Team für die Baumaßnahmen in Bückeburg gehören die Steinmetze Arno Blöhm, Martin Grabowski, Stine Fricke, der Diplom-Restaurator Henning Argow sowie 2 Helfer. Die Projektleitung hat der Steinmetzmeister Sven Meyer.
Die Analyse der Schäden, die statisch-konstruktive Planung sowie die Vorbereitung der Bauarbeiten lag in den Händen des Büro Bergmann, einem interdisziplinär arbeitenden Planungsbüro mit einer über 25 jährigen Erfahrung in der Instandsetzung von Baudenkmälern, darunter so bedeutende große Kirchen wie der Kaiserdom in Speyer, der Kaiserdom in Königslutter, die Jakobskirche in Rothenburg ob der Tauber, die Frauenkirche in München sowie die Lorenzkirche und die Sebalduskirche in Nürnberg. Mit der Weserrenaissance beschäftigte sich das Büro Bergmann bei der Instandsetzung des Mausoleums von Fürst Ernst in Stadthagen sowie bei der Instandsetzung des Bückeburger Schlosses. Die statische Bearbeitung der Stadtkirche in Bückeburg lag in den Händen von Dipl.-Ing. Gunter Köster, die bauvorbereitende Planung übernahm die Architektin Dipl.-Ing. Dorothee Köster, die Projektentwicklung und die örtliche Bauleitung erfolgt durch Dr. Norbert Bergmann.
Die anstehenden Arbeiten wurden in Vorbereitung der Baustelle grundlegend geplant und mit Herrn Dipl.-Ing. Helmut Meier vom Bauamt der Evang.-Luth. Landeskirche sowie mit Frau Dipl.-Ing. Katrin Barthmann und Herrn Amtsrestaurator Bernhard Recker vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege festgelegt. Die Anpassung und Weiterentwicklung der Einzelschritte erfolgt auf der Baustelle. Hierzu fand wöchentlich eine Besprechung auf der Baustelle statt, auf dem Gerüst und unmittelbar bei der zu bearbeitenden Stelle. Zwischen Steinmetz, Bauleitung und Bauherr wurden mögliche Lösungen erörtert, skizziert und auch freigegeben. Alle paar Wochen traf man sich auch in einem größeren Kreis mit dem NLD und weiteren Fachleuten. Alle Entscheidungen wurden in Protokollen festgehalten. War jemand bei der Besprechung nicht dabei, konnte er das Ergebnis der Besprechung spätestens zwei Tage später nachlesen.
Die Restaurierung der Hauptfassade wird im Jahr 2015 abgeschlossen werden. Trotz großem Engagement aller Beteiligten konnte der um ein halbes Jahr verschobene Baubeginn doch nicht kompensiert werden. Zu den Feierlichkeiten der 400-Jahresfeier der Einweihung wird noch ein Teil der Fassade eingerüstet sein. Damit steht Bückeburg in einer guten Gesellschaft. Alle bedeutenden Kirchen sind zu Teilen immer eingerüstet. Manche Kirchen haben dafür eigens einen Bautrupp, der die Gerüste auf- und wieder abbaut. Denn bedeutende Bauwerke bedürfen immer der Pflege.